Von Junkies, androgynen 16-Jährigen und blutigen Fingern
Im Winter 2012 von Verena Maria Hesse
Da ist sie wieder, diese Phase der neuen Kollektionen, diese Ära der Fashion Shows in den Modemetropolen dieser Welt.
Da rinnt es wieder, dieses Adrenalin in den Adern der Modejunkies, derer, die gespannt in den Reihen vor den Catwalks sitzen oder eben daheim vorm Fernseher und sie sich reinziehen, diese meist zu dürren, androgynen Mädchen von gerade Mal 16 Jahren, wie sie wie von einem anderen Stern den Laufsteg rauf- und runterschweben, wie sie die Prachtstücke ihrer Meister dem Publikum vorführen, wie sie wie Elfen durch Wälder von Fotografen, Neidern und VIP´s oder solchen, die es gerne wären, huschen und mit Doppelklebeband die Oberteile an ihrem Busen festkleben müssen, weil auch Kleidergröße 34 noch zu groß ist.
Da gehen sie wieder auf, die Vorhänge, für das, was wir in der nächsten Saison in den Läden und in weiterer Folge in unseren Kleiderschränken finden werden. Und dann ist das, was wir am Leibe tragen, schon wieder alt und von der letzten Kollektion.
Da richtet sich unser Blick schon wieder nach vorne, Richtung Winter, obgleich der Frühling ja noch nicht einmal Einzug gehalten hat.
Da reißen sie sich wieder alle wie die Geier um die blutige, noch pulsierende Beute, die da aus Stoffen, Schnitten, Farben, Accessoires und vor allem Emotionen besteht, da stürzen sie sich wieder alle auf die nicht so gelungenen, die „schwachen“ Kollektionen und Designer und kreisen im Gegenzug um die Newcomer, die Aufsteiger, die ungeahnten neuen Stars.
Man ahnt gar nicht, wie viele Menschen wie viel Zeit und Geld in diese Entwürfe und deren Realisierung gesteckt haben, wie viele Finger blutig genäht und wie viele Nächte „durchgeändert“ wurden.
Da war es monatelang, dieses Kreieren von Neuem, dieses Überdenken von Altem oder lieber von schon da Gewesenem, dieses Verbessern von Bestehendem.