Eheverträge
Im Sommer 2013 von Dr. Silvia Paler
Das Rechtsinstitut des Ehevertrages kommt ursprünglich aus den Ländern des „Common Law“, also aus England und den USA sowie Australien und Kanada. In diesen Ländern kommt es somit häufig vor, dass Eheleute vermögensrechtliche Vereinbarungen in Hinblick auf eine zukünftige mögliche Scheidung treffen, die dann im Anlassfall umzusetzen sind.
Im italienischen Rechtssystem sind solche Eheverträge verboten und unterliegen der Nichtigkeit. Die italienischen Höchstgerichte vertreten nämlich die Ansicht, dass solche Vereinbarungen gegen die öffentliche Ordnung und gegen die allgemeinen und verfassungsrechtlich verankerten Prinzipien des Familienrechtes verstoßen, wie der Pflicht zur Treue, zum materiellen und moralischen Beistand und zur Zusammenarbeit im Interesse der Familie und des Zusammenlebens. Darüber hinaus haben solche Vereinbarungen laut italienischer Gerichtsbarkeit einen gesetzeswidrigen Rechtsgrund, weil sie Rechte beschneiden können, die überhaupt erst in einem zweiten Moment, nämlich jenem der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft, entstehen (wie z.B. das Recht auf Unterhalt).
Erst laut jüngster Rechtsprechung scheint hingegen eine Wende in Bezug auf die Anwendung dieses Rechtsinstitutes einzutreten. So hat der italienische Kassationsgerichtshof kürzlich (Dezember 2012 und Mai 2013) zwei Urteile gefällt, deren Begründungen darauf schließen lassen, dass solche Eheverträge unter bestimmten Voraussetzungen doch gesetzeskonform, anwendbar und vor allem im Zuge einer Auflösung der ehelichen Gemeinschaft umsetzbar sind.
Eine vorsichtige Auslegung lässt eine Unterscheidung zwischen sogenannten vor– und nachehelichen Vereinbarungen („accordi pre- e postmatrimoniali“) zu, wobei erstere vor der Ehe abgeschlossen werden und vermögensrechtliche Regelungen in Hinblick auf eine zukünftige Scheidung beinhalten, die zweite Kategorie hingegen den Zweck verfolgt, im Falle einer Ehekrise und mit dem Ziel eben jene Krise abzuwenden, gewisse Aspekte (nicht unbedingt nur vermögensrechtlicher Natur) des ehelichen Zusammenlebens zu regeln.