Was ist Psychosomatik?
Im Frühling 2016 von Dr. Dagmar Pavan
Hallo Frau Dr. Pavan,
ich kämpfe seit langem mit dauernden Kopfschmerzen. Nach etlichen medizinischen Abklärungen ohne Ergebnis hat mein Arzt gemeint, mein Problem sei psychosomatisch. Was das bedeutet und woher nun meine Kopfschmerzen kommen, ist mir aber immer noch nicht klar. Worum geht es denn bei der Psychosomatik?
LG Linda
Liebe Linda,
ich kann Sie gut verstehen, denn das Thema Psychosomatik wird zwar häufig erwähnt, aber kaum einmal erklärt. Das Wort „Psychosomatik“ ist zusammengesetzt aus zwei griechischen Wörtern: Psyche (deutsch: Seele) und Soma (deutsch: Körper) und bezeichnet das Wechselspiel zwischen seelischen und körperlichen Vorgängen. Dieses Wechselspiel zwischen Seele und Körper besteht in unserem System andauernd, daher ist jede psychosomatische Reaktionsweise eigentlich eine gesunde Form des Erlebens.
Ich mache Ihnen ein Beispiel: Sie stehen vor dem Spiegel und was Sie mit Ihren Augen wahrnehmen, gefällt Ihnen (positiver Gedankengang) und freut Sie (angenehmes Gefühl). Das zeigen Sie auch, indem Sie lächeln (Verhalten). Das angenehme Gefühl produziert wiederum eine physiologische Reaktion im Körper und Sie spüren ein positives Körperempfinden, was Sie im Spiegel noch attraktiver erscheinen lässt. Es gibt natürlich auch weniger positive Varianten des Kreislaufes zwischen Soma und Psyche, die zu einer Erkrankung führen können. Diese Erkrankungen nennen sich Psychosomatosen und deren Symptome werden von psychischen Faktoren wesentlich beeinflusst. Typische Beispiele dafür sind Spannungskopfschmerzen, Migräne, Tinnitus, Kolitis, Gastritis, Neurodermitis, Morbus Crohn, aber auch Bluthochdruck, Asthma bronchiale sowie Sehstörungen und Konzentrationsstörungen.
Linda: Das heißt, meine Gefühle oder Gedankengänge sind „schuld“ an meinem Kopfweh?
Ja, es könnte sein, dass sie verantwortlich für die Entstehung oder aber für die Verschlechterung der Symptome sind. Nehmen wir an, Sie waren in letzter Zeit beruflich sehr belastet: großer Zeitdruck, viele Arbeitsstunden, große Verantwortung, Fehler dürfen keine passieren und trotzdem kaum eine Anerkennung. Sie fühlen sich überfordert, frustriert, Sie haben Angst, diesen Leistungsdruck nicht mehr auszuhalten, vielleicht auch die Arbeit zu verlieren. Dadurch kommt es zu körperlicher Erregung und deshalb unter anderem zu erhöhter Muskelspannung. Wenn dann die Stressphase länger anhält, und damit auch die Muskelspannung, kann daraus Schmerz entstehen, zum Beispiel, wenn man unter Termindruck angespannt in der gleichen Körperposition acht Stunden am Tag am Schreibtisch ausharrt. Das Ergebnis sind dann mit hoher Wahrscheinlichkeit Nacken- und Rückenschmerzen oder eben Kopfschmerz. Die Psyche löst körperliche Prozesse aus. Aus dem daraus folgenden Verhalten entsteht Schmerz.