Plastikteller und ein Parkplatz
Im Frühling 2022 von Robert Asam
Meran rüstet sich für den Frühling. Für den ersten Frühling im Nachcorona-Zeitalter. Ein paar Omikron-Varianten stehen uns vermutlich noch bevor. Aber das menschenleere Ostern 2020 und das nicht weniger trostlose Ostern 2021 gehören hoffentlich der Vergangenheit an. Also ist es nur recht und billig, dass sich die Kurstadt in eine vorösterliche Schale wirft. Recht vielleicht, ob auch billig, das lassen wir einmal dahingestellt sein. Aber die paar Plastikteller, die auch dann in der Sonne glänzen, wenn es regnet, werden wir uns ja wohl noch leisten können. Schon ein schöner Anblick, wenn man am Eingang zum Elisabethpark steht und zum Sissi-Denkmal schaut. Zu genau sollte man nicht hinschauen. Denn dann würde man sehen, dass die Sissi die Mundwinkel nach unten gezogen hat. Sie ist verschnupft. Also kein Heuschnupfen, nein, nein, verstimmt, verärgert ist die Kaiserin, weil ihr die bunten Plastikteller die Show stehlen. Nicht nur im Elisabethpark, auch auf der Kurpromenade verfolgt mich das bunte Plastikgeschirr, das aussieht, als hätte ein chinesischer Wanderzirkus seine Requisiten in Meran vergessen. Bitte nicht aufregen. Ich weiß, dass es sich um eine Installation handelt. Kunst unter freiem Himmel, Sonnenfänger, die dazu dienen, die öden Promenaden- und Parkanlagen der Kurstadt aufzumotzen. Es ist wie bei den in Mode gekommenen Aussichtsplattformen. Der Berggipfel als Aussichtspunkt allein genügt nicht mehr, wir brauchen auf dem Aussichtspunkt auch noch eine Aussichtsplattform. Apropos Aussicht: Der Begriff Parkplatz hat für mich in Meran jetzt eine völlig neue Bedeutung erhalten. Ich stehe auf dem kleinen, jetzt autofreien Platz vor dem St. Josef-Heim und habe freie Sicht auf einen Park. Die Innerhoferstraße entlang der schrecklichen Mauer beim Hotel Palace würde sich den Namen Parkstraße verdienen. So gesehen gibt es also doch noch Dinge in Meran, über die man sich freuen kann. Jetzt warte ich, wie lange es dauert, bis von meinem „Parkplatz“ oder der „Parkstraße“ aus, der Park wieder in den Hintergrund rückt, weil das Auge von einem Meer bunter Plastikteller geblendet wird, die wunderschön glitzern und leuchten, auch wenn das Wetter beschissen ist. Andererseits: Wozu brauchen wir so etwas? Es regnet ja nicht mehr oft. In Meran schon gar nicht!