Tommy, Silvio und die alten Römer
Im Sommer 2023 von Robert Asam
Thomas Widmann ist bescheiden wie immer. Er möchte nur ein kleines Edelweiß. Aber die SVP, also die Partei mit dem großen Edelweiß, geizt. Das „Tagblatt“ hört ausnahmsweise einmal nicht den Ruf der Wildnis (Bär, Wolf, Borkenkäfer usw.), sondern den „Ruf der Basis“, und die ruft – so weiß es das „Tagblatt“ – nach Tommy. Mein Vorschlag, um das aufgeheizte Klima abzukühlen, lautet: Arno verzichtet, und die SVP zieht mit Tommy als Spitzenkandidat in den Wahlkampf. Dann schauen wir, ob auf die Basis Verlass ist. Sollte dies nicht der Fall sein und nur noch der Freundeskreis im Edelweiß selbiges ankreuzen, geben wir die Schuld dem Arno. Dann sind alle zufrieden, und auch die Opposition hat Grund zur Freude.
Apropos Ruf der Wildnis. Die größte Gefahr in Südtirol droht nicht von Bären und Wölfen, sondern von der Öko-Lobby. Zu dieser sensationellen Erkenntnis kam der Prettauer Bürgermeister Steger. Bei ihm im Tal darf eine Alm nicht erschlossen werden und schuld ist – halten Sie sich fest – die mächtige Öko-Lobby. Ich habe immer gehört, dass Bauernbund und HGV die Lobby-Weltmeister sind. So kann man sich irren. Vielleicht hilft der Herr Bürgermeister dem Bauernbund auf die Sprünge. Und wenn der SBB nicht weiß, wie erfolgreiche Lobby-Arbeit geht, einfach die Öko-Lobby fragen.
Besonders traurig waren in den vergangenen Tagen Millionen Italiener und – vor allem – Italienerinnen. Schon die alten Römer wussten, was sich gehört: De mortuis nil nisi bene. Nur Gutes soll man über Verstorbene sagen. Das sollte auch für Silvio Berlusconi gelten. Tut es ja auch. Selten habe ich so viel Gutes über einen verstorbenen Politiker gelesen und gehört wie in diesen Tagen. Nur die Ministerpräsidentin ist aus der Reihe getanzt. Da war ich schon etwas irritiert. Der Cavaliere habe Italien verändert, hat Frau Meloni gesagt. Das stimmt natürlich. Man sieht es jeden Tag, wie er Italien verändert hat. Trotzdem: So deutlich hätte sie ihm das nicht hinterherschicken müssen. Und jetzt? Jetzt kann sich ein anderer mit ihm herumärgern. Die in Berlin erscheinende Tageszeitung taz titelte am Tag nach Silvios Hinscheiden: „Berlusconi schon wieder vor Gericht.“ Auf das Urteil des letzten Gerichts dürfen wir gespannt sein.