Das Meraner Stadtbräuhaus
Im Sommer 2013 von Dr. Johannes Ortner
Was nur wenigen Meranerinnen und Meranern bekannt sein dürfte: Unsere Stadt besaß das ganze 19. Jahrhundert hindurch im Mühlgraben ein eigenes Stadtbräuhaus, in dem der gelbe Gerstensaft in einem gemütlichen Schankgarten mit kleinem Weingarten ausgeschenkt wurde.
Die alten Gebäude wurden in den 1980er-Jahren abgerissen. An ihrer Stelle befindet sich ein Kondominium, im Erdgeschoss das Café Alte Mühle. Der ehemalige Biergarten ist eine Grünzone oberhalb einer Tiefgarage. Die angrenzenden Gebäudeteile werden im Erdgeschoss von verschiedenen Geschäften (Reisebüro Nouba-Tours, Gesundheitsprodukte Kneipp) eingenommen.
Die Geschichte und Besitzerfolge des Brauhauses ist wechselvoll
1808 erwirbt Joseph Valentin Schweiggl, Bürger und Spetzger (Gewürzhändler), das Gebäude und versucht ab 1813 in einem neu erbauten Brauhaus sein Glück als Bräuer.
1834 übernimmt Joseph Kofler die Liegenschaft, die laut Eintrag im Meraner Stadtbüchl mit einer kupfernen Bräupfanne von 30 Eimern, detto Grand (= ein großes Gefäß), und Hopfenseihr und Malzdarre (Trocknungsvorrichtung für das Gerstenmalz) und übrige zur Bräuerey dazugehörige Geräthschaften nebst bei 1000 Eimer Lager- und andere Fässer ... das neben dem Bräuhaus befindliche Brandweinhäuschen mit zwei kupfernen Häfen ... eine Schankbehausung mit zwei Küchen, zwei Stuben, vier Nebenzimmern ausgestattet ist (zit. n. Drescher, Roman, Bier in Südtirol, Raetia-Verlag, Bozen 2013; S. 87).
Zur Brauerei gehören außerdem ein Märzenkeller (Märzenbier = Lagerbier mit höherer Stammwürze, das früher nur im März gebraut wurde) und ein Schankkeller in Burgstall.
Unter der Ägide von Joseph Kofler ließ jedoch die Qualität des Bieres mehr und mehr nach, sodass sich im Jahre 1857 das k.u.k.-Bezirksamt zu einem Schreiben an das Stadtmagistrat genötigt fühlte:
Die seit mehreren Jahren laut gewordenen Klagen über die schlechte Beschaffenheit des Bieres, bestätigt durch die Ergebnisse mehrerer vorgenommener Untersuchungen, haben die k.k. Statthalterei von der Notwendigkeit überzeugt, den Beschwerden näher auf den Grund zu gehen. Als Qualitätsmaßstab werden hinkünftig bayrische Ausschank- und Zubereitungsvorschriften herangezogen, ein Stadtphysikus (eine Art Hygienebeauftragter) und unbefangene Sachverständige sollten ein Gutachten verfassen – und gegebenenfalls entscheiden, ob – wie in Bayern – eine Biertaxe zur Qualitätssicherung eingeführt werden soll (zit. n. Drescher 2013: 87).
1862 übernimmt Joseph Kofler jun. den Braubetrieb seines Vaters. Bei dieser Gelegenheit sichert sich der Vater jährlich 30 Eimer gutes Bier in vierzehntägigen Raten, nebst 200 Zumen (= Art Eimer) Bierträbern (= Tröster der Maische), und 50 Kessel Glager (= abgestorbene grobe Hefe, die sich nach der Gärung absetzt) in den Wintermonathen, das ist von Martini bis Georgi (…) (zit. n. Drescher 2013: 89).