Die neue Kabinenbahn Naifjoch
Meran 2000: effizient und innovativ
Im Herbst 2022 von Eva Pföstl
„Es ist ohne Zweifel ein Meilenstein für das Ski- und Wandergebiet Meran 2000“, erzählt Andreas Zanier, Präsident der Meran 2000 Bergbahnen AG. Er meint damit die neue 10er-Kabinenbahn Naifjoch, die den 30 Jahre alten, fixgeklemmten Sessellift Piffing ersetzen wird. „Die neue Bahn, die pünktlich vor Weihnachten in Betrieb gehen wird, hat zusätzlich eine ganze Reihe von attraktiven Neuheiten zu bieten, deren wichtigste sicher die neue Mittelstation mit begehbarer Dachterrasse ist. Und sie ist innovativ: Die neue Kabinenbahn ist seilbahntechnisch eine Meisterleistung – energieeffizient und leistungsstark“, betont Zanier.
Ein Blick zurück …
Bevor wir zu den Details der neuen Kabinenbahn kommen, ein kurzer Rückblick in die Historie von Meran 2000. Das heutige Ski-und Wandergebiet hat in den letzten 100 Jahren schon so einiges erlebt: vom spektakulären Wolkenkratzerprojekt bis zum Terroranschlag, von schlimmen Unfällen und dem Bau der neuen Seilbahn bis hin zum Bau der ersten Rodelachterbahn Südtirols, um nur einiges zu nennen.
1920 öffnete auf Falzeben der Gasthof „Zur Alpenrose“ und Sigi Lechner gründete die Skischule des Sportclubs Meran. 1923 wurde von Luis Zuegg eine Seilbahn von Obermais zum St.-Kathrein-Kirchlein gebaut. Als die italienische Behörde, il Circolo Ferroviario, die Aufsicht über die Südtiroler Kleinbahnen übernahm, wurde die Haflinger Musterseilbahn 1924 wegen Unzulässigkeit eingestellt. Nach einigen kleineren Änderungen, die hauptsächlich die Sicherheitsanforderungen betrafen, konnte der Betrieb der Haflingerbahn wieder aufgenommen werden. In den Jahren 1977/78 folgte ein umfassender Umbau der Bahn, doch die Anlage wurde 1984 geschlossen. Der Grund dafür lag wohl in der mittlerweile ausgebauten Haflinger Straße.
Bereits im Jahre 1933 fanden auf Meran 2000 die ersten „Internationalen Skistaffetten“ mit Mannschaften aus Österreich und Italien statt, damals noch ohne Aufstiegslifte. Als 1945 der Meraner Sportclub neu gegründet wurde, kam das Skifahren sofort wieder ins Programm. Zu dieser Zeit mussten Skifahrer mit der Haflinger Seilbahn nach Hafling fahren und von dort zu Fuß nach Falzeben und aufs Piffinger Köpfl steigen. Bereits in den 1950er-Jahren gab es einen einfachen Schlepplift vom Zueggsteilhang aufs Piffingerköpfl und einen auf das Naifjoch. Die Kurverwaltung war skeptisch, als Hans Trojer (1905-1992) aus Algund Pläne für eine Seilbahn vorlegte. Hans Trojer entstammte einer Familie von Huf- und Wagenschmieden mit langer Tradition. Werkzeugbau, Dreherei, Schlosserei, Tankstelle, Opelvertretung und Reparaturwerkstatt – das Familienunternehmen war breit aufgestellt. 1947 baute das Unternehmen den ersten kollaudierten Personensessellift Italiens zum Josefsberg oberhalb Algund. Viele weitere Anlagen folgten, von denen einige noch in Betrieb sind (Vigiljoch, Vellau, Gondellift Leiteralm, Seilbahn Taser, Seilbahn Kohlern u.a.m.) 1962 begann das Unternehmen Hans Trojer mit der Planung von Meran 2000, inklusive Stromzufuhr. Die Planung des Sesselliftes von Falzeben auf das Piffinger Köpfl übernahm Ing. Giacomo Segalla aus Meran in Zusammenarbeit mit dem Studio Gazziero e Migliorini. Im Frühjahr 1965 ging der Einzelsessellift (Länge 1.635 m, Höhenunterschied 275 m, Personenkapazität 450 Personen/Stunde, Dauer 13,5 Minuten, 206 Sessel) in Betrieb. Es war die Geburtsstunde des Skigebietes Meran 2000! Es folgte der Gondellift von Piffing bis zum Ziel der Kesselbergpiste, wo Hans Trojer das Hotel Gondellift errichtete und betrieb; der Skilift Kesselberg, der Mittagerlift und der Kuhleitenlift folgten. 1968 wurde nach drei Jahren Bauzeit die erste Seilbahn von der Naif auf Meran 2000 eröffnet. Diese wurde als Pendelbahn mit vier Wagen errichtet, wobei ein Umstieg in der Mittelstation zwingend notwendig war.
Auf dem Piffinger Köpfl plant Trojer ein spektakuläres Hotel, einen „Wolkenkratzer“ mit bis zu 800 Betten, das aufgrund der öffentlichen Meinung nicht genehmigt wird. Den Skilift von Rotwand aufs Piffinger Köpfl errichtete Hans Egger, ein weiterer Pionier, einige Jahre danach. Ein Anschlag auf die Seilbahn legte sie 1980 ein Jahr lang still. Unbekannte Attentäter zündeten einen Sprengsatz am ersten Ständer der Seilbahn. Die Lifte auf dem Haflinger Plateau blieben zwar in Betrieb, aber es kam zu gewaltigen Einnahmeverlusten und die ohnehin kapitalschwache Gesellschaft rutschte hart an den Rand ihres Ruins. 1982 stieg die Gemeinde Meran in die Gesellschaft ein und machte sich zum Krisenmanager der neu gegründeten „Meran 2000 Bergbahnen AG“. 1988 kam es aufgrund eines technischen Fehlers zu einem schweren Unfall in einer Kabine der Seilbahn mit einem Toten und drei Schwerverletzten.
Weitere schwierige Jahre folgten. 1998 wurde der Sessellift „Rosa Alpina“ durch die Umlaufbahn Falzeben ersetzt. 2006 wurde der Alpin Bob gebaut. 2010 wurde die alte Seilbahn aus den 1960er-Jahren in nur 10 Monaten Bauzeit durch eine neue Seilbahn ersetzt. Mit zwei Großkabinen verkehrt sie direkt zwischen Tal- und Bergstation, so dass kein Umstieg in der Mittelstation mehr notwendig ist. Die spektakuläre und mit mehreren Architekturpreisen ausgezeichnete Bergbahn des Südtiroler Architekten Roland Baldi bringt 120 Personen pro Kabine in nur sieben Minuten direkt in das 2.000 m hoch gelegene Zentrum des Ski- und Wandergebiets Meran 2000. 2011 erfolgte die Inbetriebnahme der Mittelstation Gsteier, welche über eine Brücke sowie eine schwenkbare Zugangsvorrichtung mit der Kabine 2 erreichbar ist. 2018 wurde der alte Zweier-Wallpachlift aus dem Jahre 1981 durch einen Sechser-Sessellift ersetzt.
Bis heute verging kein Jahr ohne Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung des Angebotes. Anlagen wurden auf den neuesten Stand gebracht, den modernen Anforderungen und einer Erweiterung der Aktivitäten angepasst. Heute gibt es insgesamt 40 Pistenkilometer für Skifahrer. Auch ein Konzept zur Aufwertung der Wanderwege entstand. Um das Wandern, sowohl winters wie sommers, zusätzlich zu fördern, „erfand“ man die „Wander-Abos“, die gut angenommen wurden: Meran 2000 wurde so auch mit 25 Winter-Wanderkilometern „sexy“, vor allem für Familien und Wanderer. 15 Hütten sind zu Fuß erreichbar.
Neue Kabinenbahn Naifjoch
Die neue Kabinenbahn, auf leicht abgeänderter Trasse, ersetzt den über 30 Jahre alten, fixgeklemmten Sessellift Piffing. Die ca. 1.400 m lange, hochmoderne Bahn besteht aus zwei ca. gleich langen Abschnitten (Naifjoch 1 und Naifjoch 2), die durch eine Mittelstation unterhalb des Naifjochs verbunden sind.
„Diese neue Bahn stellt im Winter eine große Bereicherung für das gesamte Gebiet dar, denn bisher war die Verbindung zwischen dem hinteren und dem vorderen Teil des Ski- und Wandergebietes sehr langsam. Sie bietet nun mehr Komfort und Sicherheit und die Fahrzeit wird von 15 Minuten auf 6 Minuten reduziert. Ziel ist es, die Besucher des Ski- und Wandergebiets möglichst gut auf das ganze Gebiet zu verteilen. Bisher hat sich zu Spitzenzeiten ein Großteil der Besucher auf den vorderen Teil konzentriert. Das soll sich nun ändern,“ erzählt Zanier.