Fleisch, Wurst und Speck
Südtiroler Spezialitäten
Im Sommer 2016 von Helmuth Tschigg
Nach zahlreichen Negativmeldungen über Fleischgenuss im letzten Jahr haben sich die Wogen nun wieder geglättet. Wir trafen uns mit der Geschäftsführung der Firma Siebenförcher, um über den Wandel des Metzgereihandwerks und den Südtiroler Markenspeck (Südtiroler Speck g.g.A.) zu sprechen.
Gegründet wurde das Unternehmen im Jahre 1930 von Gottfried Siebenförcher, dem Vater des gleichnamigen heutigen Seniorchefs, der den Betrieb im Jahre 1970 übernahm. Heute liegt die Unternehmensführung in den Händen seiner Kinder Barbara, Thomas, Florian, Heidi und Daniela.
Wir führten ein Interview mit Florian und Barbara. Während Florian, der 2010 die Ausbildung zum Fleischereitechniker in Kulmbach absolvierte und 2012 seinen Metzgermeistertitel erhielt, heute für den Bereich Produktion verantwortlich ist, liegt die Zuständigkeit von Barbara in den Bereichen Verwaltung, Organisation und Finanzen.
Meraner Stadtanzeiger: Herr Florian Siebenförcher, Ihre Familie ist seit 1930 im Metzgereihandwerk tätig. Was hat sich am Metzgerberuf am meisten geändert?
Florian Siebenförcher: An der heute kaum noch bekannten Fleischstraße – „la via della carne“, auch Vinschgerstraße genannt – kauften die Metzger damals neben Vieh aus dem Vinschgau auch Vieh aus anderen Tälern Südtirols. Heute hingegen wird Fleisch aus ganz Europa geliefert. Mein Vater hat mir oft erzählt, wie mein Opa sogar zu den Muthöfen hinaufwanderte, um dort ein Kalb auszusuchen und zur Schlachtung mit ins Tal zu bringen. Während früher der Kunde das Fleisch in großen Stücken kaufte und selber zu Hause zuschnitt, bekommt er heute seine „Schnitzeln“ einzeln wie gewünscht.
Fleisch und Fleischerzeugnisse wurden früher in der Kraxe auf dem Fahrrad und später mit dem Dreiradler von A nach B gebracht. Heute sind es moderne Lkws mit kontrolliertem Kühlraum.
Durch technischen und maschinellen Fortschritt hat sich die körperliche Arbeit ebenfalls erheblich verbessert. Neue Hygienevorschriften und Regelungen zur Produktsicherung haben viele Verbesserungen für die Produktion und für den Verbraucherschutz mit sich gebracht. Auch in unserem Bereich ist das technische Wissen in einem regen Wandel und wird auch noch in Zukunft viele Veränderungen mit sich bringen.
Früher haben unsere Metzger und auch mein Vater einmal die Woche im Meraner Schlachthof das Vieh geschlachtet. Heute werden vorwiegend grob zerlegte Fleischteile zugekauft und weiterverarbeitet. Einmal pro Woche wird noch Vieh aus Südtirol angekauft (z.B. Milchkälber von Passeirer Bauern), welches im Schlachthof geschlachtet und in unserer Produktionsstätte in Untermais zerlegt wird. Dieses regionale Fleisch finden Sie dann in unseren Geschäften in Meran und Brixen.
MS: Wie hat sich Ihrer Meinung nach der Geschmack der Verbraucher geändert?
Barbara Siebenförcher: Die Tendenz zu Fertigprodukten spüren auch wir. Die Schnelllebigkeit lässt kaum Raum für Zeit, etwas Gutes zu kochen. Die Nachfrage nach unseren pfannenfertigen Produkten ist deshalb auch steigend. Frischer Fleischkäse und gebratenes Huhn zur Mittagszeit sowie verschiedene Lasagne-Typen und Knödelsorten sind nur einige unserer zahlreichen Angebote. Außerdem wird heute gesundheitsbewusster gelebt und gegessen und deshalb werden tendenziell auch andere Fleischstücke nachgefragt als früher, z.B. magereres Fleisch.
MS: Gibt es eine Nachfrage nach den ganz hochpreisigen Fleischsorten wie Chianina-Rind oder dem japanischen Wagyu-Rind?
Barbara S.: Die Anzahl der „Fleischgourmets“ ist ganz klar im Steigen. Sie suchen bewusst qualitativ hochwertige Produkte wie die genannten. Es gibt noch eine besondere Spezialität, das „Dry Aged“, das dank kontrollierter Trockenreifung einen Prozess durchläuft, der das Fleisch besonders schmackhaft macht. Diese Personen suchen Qualität und nicht Quantität und dabei spielt der Preis eine untergeordnete Rolle. Sie bevorzugen qualitativ hochwertiges Fleisch ca. einmal die Woche, anstatt jeden Tag ein Schnitzel. Wir können einen Anstieg dieser Nische verzeichnen und versuchen natürlich, uns den geänderten Marktverhältnissen anzupassen.
MS: Speck wird als eine ganz besondere Südtiroler Spezialität gesehen. Wie sehen Sie das?
Barbara S.: Ja, der Südtiroler Speck ist schon einzigartig im Geschmack. Wir als Siebenförcher Gruppe stehen für Qualität und Tradition. Da darf der Speck natürlich nicht fehlen. Durch den Grundsatz „wenig Salz, wenig Rauch und viel frische Luft“ erhält er seine Einzigartigkeit. Bei der Herstellung wird die mediterrane und die nordeuropäische Herstellungsart von Schinkenspeck kombiniert und somit ein einmaliges Produkt geschaffen. Zum einen wird durch Salz und Lufttrocknung den Schweineschlegeln das Wasser entzogen und zum anderen wird der Speck gewürzt und geräuchert. Die Symbiose des Räucherns und Lufttrocknens sowie die Gewürzmischungen machen den Südtiroler Speck g.g.A. einzigartig und unverwechselbar.
MS: Wurde damals, nach der Gründung 1930, auch schon Speck hergestellt?
Florian S.: Die Metzgerei Siebenförcher hat schon seit Anbeginn ihren eigenen Speck produziert. 1970 wurde der Familienbetrieb auf die zwei Söhne Gottfried und Max aufgeteilt. Während mein Vater Gottfried das Geschäft unter den Meraner Lauben übernahm, führte mein Onkel Max das Geschäft in Gratsch weiter. Da es in der Metzgerei in der Innenstadt von Meran nicht möglich war, selbst Speck herzustellen, wurde dieser von meinem Onkel Max zugekauft. Seit der Eröffnung des Produktionsbetriebes in Untermais im Jahre 1992 wird nun auch von uns wieder selbst Speck produziert. Wir sind sehr stolz darauf, selbst den bekannten Siebenförcher-Speck herzustellen. Hierbei verwenden wir ein spezielles Familienrezept, das von Generation zu Generation weitervererbt wurde.
Das renommierte italienische Feinschmeckermagazin „Gambero Rosso“ fand in der Februar-Ausgabe des Jahres 2013 lobende Töne für unseren Siebenförcher-Speck. Laut Expertenmeinung zeichnet sich dieser vor allem durch Zartheit und ein ausgewogenes Aroma aus, das sich durch gute Räucherung, Würzung und Lagerung bemerkbar und den Speck unvergleichlich mild macht.
MS: Kommen die Schweine für den Speck nicht auch aus der Poebene?
Barbara S.: Nein, die italienischen Schweine sind von ihrer Rasse her speziell für die Rohschinkenproduktion gezüchtet worden und sind für unseren Speck zu groß und zu fett. Wir verwenden hauptsächlich Schweine aus Österreich. Diese entsprechen am besten unseren Qualitätsvorgaben mit ihren vollfleischigen Schlegeln.
MS: Wie bekommen die Speckhammen die traditionelle Form und den traditionellen Geschmack?
Florian S.: Für den Südtiroler Markenspeck werden nur die Schlegel verwendet, welche durch den traditionellen Zuschnitt und das Aufhängen die typische Herzform erlangen. Neben der herkömmlichen Form der Speckhammen produzieren wir auch Bauchspeck, Seitenspeck und Kaiserspeck.
Den traditionellen Geschmack bekommen die Hammen durch die typische Würzung, unter anderem mit Lorbeer, Rosmarin, Wacholder, durch die Räucherung mit Buchenholzspänen und „Kranewittn“ und durch die lange Reifezeit.
MS: Wie lange benötigt der Speck für die Reifung?
Barbara S.: Wie vom Südtiroler Speckkonsortium vorgegeben, ist eine Mindestreifung von 20 Wochen verpflichtend einzuhalten und je nach Ausgangsgewicht auch etwas länger. Unsere Siebenförcher-Speck-Hammen haben eine Mindestreifezeit von 24 Wochen.
MS: Stimmt es, dass sich während der Reifung ein weißer Schimmelbelag bildet? Und was bedeutet das?
Florian S.: Der Schimmel entsteht erst nach rund zwei bis drei Monaten während der Reifungsphase des Specks. Er schützt den Speck in dieser Phase vor zu starker Austrocknung und ist auch verantwortlich für die charakteristische Geschmacksnote.
Da es sich um kontrollierte, gutartige Schimmelarten handelt, wie z.B. auch beim Gorgonzola, sind diese für den Endkonsumenten bedenkenlos. Die natürliche, aromabildende Schimmelschicht auf dem luftgetrockneten Schlegel wird am Produktionsende mit Wasser abgewaschen.