Hotel Europa Splendid
Von der Idee zur Verwirklichung
Im Winter 2017 von Dr. Elfriede Zöggeler-Gabrieli
Die Gäste bevorzugten für ihre Aufenthalte luxuriöse Herbergen wie Mietwohnungen und Zimmer in Ansitzen und Schlössern oder in Hotels. Eines dieser Nobelhäuser, das Hotel Europa Splendid, bietet den Gästen bis heute komfortable Aufenthalte. Es befindet sich an der Ecke Freiheitsstraße/Rennweg, gegenüber dem Meraner Stadttheater; und ist ein traditionsreiches Hotel, dessen Interieur noch immer vom Glanz des Jugendstils geprägt ist.
Die Baulichkeiten, die sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts auf diesem Grundstück befanden, waren Teil der Besitztümer der Benediktinerabtei Marienberg. Sie wurden, laut Kaufvertrag vom 28.02.1872, fol. 1338, als Rediffianum-Anwesen in Meran, vom Kloster an die Stadtgemeinde Meran veräußert. Es sollte als neues Schulgebäude dienen und 1874 war es als Sitz für das Kadre Kommando vorgesehen. Einige Jahre später sahen sich die beiden Meraner Bürger Anton Ladurner und Christian Folie – wohl von innovativen Geschäftsideen getrieben – nach geeigneten Liegenschaften um. Diese fanden sie im besagten Rediffianum-Anwesen, das, laut Versteigerungsprotokoll vom 17.05.1883, für einen Betrag von 43.500 Gulden in ihren Besitz überging. Noch im selben Jahr entbrannte aber ein Streit zwischen den neuen Eigentümern und dem Grundstücksnachbarn Johann Kleisl um diverse Parzellen, der aber mit einer Kaufs- und Teilungsurkunde im Oktober 1883 beigelegt werden konnte. In ihr wurde festgehalten, dass einige der Parzellen von Kleisl erworben und andere, die zuvor als Gemeinschaftsanteile der Käufer aufschienen, von Christian Folie an Anton Ladurner verkauft wurden. Letzterer konnte somit die Grundparzelle Nr. 108 und die Bauparzellen Nr. 135 und 136 sein Eigen nennen. Dieser Erwerb war sogar eine Mitteilung in der Extra-Beilage zum Boten für Tirol und Vorarlberg, Nr. 228 vom 5. Oktober 1883, wert: Das alte Rediffianum-Anwesen, das s. Z. Herr Anton Ladurner von der Stadt für einen horrenden Preis erworben, wird von diesem zu prächtigen Miethwohnungen adaptiert, und mit diesem Baue dürfte die rechtsseitige Front der Landstraße einen entsprechenden Abschluss erhalten.
Die Planungen sollten sich aber einige Jahre in die Länge ziehen, denn erst 1887 beauftragte das Ehepaar Anton Ladurner und Magdalena, geborene Pernthaler, den Meraner Baumeister Cölestin Recla mit der Errichtung eines Hotelkomplexes auf der Bauparzelle 135, welcher ein Souterrain, einen I. und II. Stock sowie ein Dachgeschoss aufweisen und – der Zeit entsprechend – den internationalen Namen Europe erhalten sollte.
Für den Neubau waren ein gewölbter Keller, im Souterrain 6 Zimmer, Küche, Waschküche, Holzlegen und Abort, im Hochparterre 8 Zimmer, Speisesaal, Anrichtezimmer, Lichthof und 2 Aborte, im I. und II. Stock je 10 Zimmer, Lichthof und 2 Aborte und im Dachstock 7 Zimmer, 1 Kammer, 2 Dachräume, Lichthof und 2 Aborte vorgesehen. Doch zuvor waren auf dem Grundstück noch zwei Alber (Espen) zu fällen; auch hierfür musste eine behördliche Bewilligung abgewartet werden. Die Baukommission der Stadt Meran legte außerdem großen Wert darauf, dass an den Straßenseiten eine einheitliche Fassadengestaltung zum Tragen kam und die Höhe der Umfriedungsmauern den flanierenden Stadtbesuchern den Ausblick auf die gepflegten Vorgärten nicht vorenthielt.
Nachdem die Eheleute Ladurner das Hotel gute 13 Jahre geführt hatten, überließen sie es im Oktober 1900 ihrer Tochter Karolina und deren Ehegatten Kaspar Blaas gegen einen Betrag von 66.000 Gulden. Gleichzeitig mussten sie die Hypothekarschulden übernehmen und auf Lebenszeit die volle anständige Verköstigung in landesüblicher Weise in gesunden und kranken Tagen sowie die Abwährungsverpflichtung für jeden Elterntheil mit 350 Gulden, somit zusammen 700 Gulden jährlich. Noch im selben Jahr wurden Umbauarbeiten unter der Leitung von Baumeister Ing. Hans Elting durchgeführt, wobei unter anderem der Küchenbereich erneuert und ein schönes neues Kaffeerestaurant, das den Anforderungen eines modernen Weltkurortes entsprach, eingerichtet wurde.
Finanzielle Engpässe veranlassten alsbald die Familie Ladurner Blaas, das Hotel 1905 an Max Schweiggl zu veräußern, einem weiteren regen Bauherrn und Investor. Unter seiner Führung entstand die bauliche Fortsetzung des Haupthauses am Rennweg in Richtung Norden, wodurch ein Neubau mit 30 Zimmern hinzukam. Diese Baumaßnahme wurde von der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen, da selbst die Medien darüber berichteten und dabei bemerkten, dass neben der Stadt und der Kurvorstehung auch Private Anstrengungen übernahmen, um mit dem Wachsen Merans als gern besuchter Rendezvous-Platz eines internationalen Publikums in Beziehung auf Unterkunft, auf sanitäre und Wohlfahrts-Einrichtungen gleichen Schritt zu halten.
Selbstverständlich war man auch bestrebt, den erlesenen Meraner Gästen Kulinarisches aus aller Welt anzubieten. Diesen Erfordernissen kam Rupert Müller nach, der am 26. März 1907 im Erdgeschoss der Dependance Europa am Rennweg eine Spezerei- und Delikatessenhandlung eröffnete, die vor allem mit Kaffee, Kakao, Schokoladen sowie russischen und englischen Teemischungen der bekannten Wiener Firma Julius Meinl um Kunden warb.
Die Gästeräume des Hotels Europa wurden von Beginn an gerne für gesellschaftliche Ereignisse genutzt, wie für täglich abendliche Zusammenkünfte im Souterrain von Baugewerbe-Interessenten zur Besprechung von Gesetzbüchern, Zeitungen und Fragekasten oder 1899, als am 27. April die Plenarsitzung des Klubs der Köche Merans dort stattgefunden hat. Genauso bot man dort Konzerte und Liederabende an, so am 20. Januar 1908, als ein Militärkonzert zum Thema Wiener Liederabend stattfand. In den Weihnachtsfeiertagen 1910 konnte zudem die Eröffnung des Theaterrestaurants mit einer saisonal geöffneten Künstlerklause in den Souterrainlokalen des Hotels erfolgen, in welcher Bilder heimischer Künstler gezeigt wurden.
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges stiegen im Hotel Europa insbesondere Gäste aus Deutschland und der Doppelmonarchie Österreich ab, aber auch Amerikaner waren darunter. Den Gästelisten von 1889/90 zufolge waren dies beispielsweise Leopold Spät mit Sohn (München), James Sands (Washington), H. Panzer (Tirol), M. Pflaum (Wien), 1891 Cleon Kuhn mit Frau (Berlin), Dr. Th. Kaufmann (Wien), 1896 Gustav Avellis, Fabrikbesitzer (Forst in Laussitz), 1899 Tony Baronin Drasche (Österreich), Reichsratsabgeordneter Dr. Otto Steinwender (abgetretener Führer der deutschen Volkspartei, Deutschland), 1905 Fanny Weber-Schiller, Sängerin (Wien) und in den Jahren 1910–13 Maria von Stubenrauch, Violinistin (München), Josef Leo Abel, Kaufmann (Budapest), Albert Wistuin, Opernsänger (Berlin), Andre Hummer, Musikdirektor (Wien) oder Arnold Schilbach, Tenor (Deutschland).
Trotz der hervorragenden Zimmerauslastungen und der vielen Veranstaltungen, die im Hotel stattfanden, waren Geschäftseinbußen unvermeidlich. Im Februar 1913 musste gar ein Konkursverfahren eingeleitet werden, das gegen das Vermögen des Alleininhabers des Hotels und gleichzeitigen Pächters des Café Zentral in Meran, Max Schweiggl, vom Bezirksgericht Meran eröffnet wurde. Mit allen Mitteln hatte er versucht, das drohende Unheil abzuwenden, was ihm schlussendlich im August 1917 durch ein Ausgleichsverfahren auch gelang.
Der Einfluss von Faschismus und Nationalsozialismus
Gut ein Jahr später wurde das Hotel Europa an eine Mailänder Kommanditgesellschaft übergeben und fortan Splendid Corso Europa Hotel genannt. Die nunmehrigen Eigentümer profitierten natürlich vom Weltkurort, denn, obwohl die neue Grenzziehung Barrieren und Probleme mit sich brachte, wie Passkontrollen, Visumpflicht oder Valutaunterschiede – Südtirol gehörte ja nun zu Italien –, waren in Meran weiterhin viele prominente Gäste aus kulturellem und politischem Leben verschiedener Länder anzutreffen. Meran hatte somit seine Attraktivität wiedererlangt, denn bereits 1924/25 war die Anzahl der Gäste ähnlich hoch wie vor dem Ersten Weltkrieg. Dieser Umstand kam der Geschäftsleitung gelegen, sie passte das Hotel den neuen Erfordernissen an, eröffnete 1924 erneut die Künstlerklause und ließ das Haus 1927 um ein weiteres Stockwerk erhöhen. In dieser Blütezeit des Faschismus erhielten verschiedene Gasthäuser und Hotels der Stadt Meran einen neuen Anstrich, darunter auch das Splendid Corso Hotel. Gleichzeitig wurden die Betriebe von einer Kommission überprüft und mittels einer Begutachtung in vier Kategorien eingeteilt, bei welchem das Hotel Splendid Corso der II. Kategorie entsprach und somit zu den renommierten Beherbergungsbetrieben Merans zählte.