Josef Maier und seine Glücksringe
Obermais – Sitz einer Gold- und Silberwarenfabrik
Im Herbst 2022 von Dr. Walter Egger
Ihre Blütezeit vor dem Ersten Weltkrieg verdankt die Kurgemeinde Obermais vielen bekannten Pionieren, deren Verdienste schon in zahlreichen Veröffentlichungen gewürdigt wurden. Leicht vergessen werden dabei andere Persönlichkeiten, die ebenso maßgebend zum Aufschwung des Kurwesens beigetragen haben. Dazu zählt beispielsweise Josef Maier, der sich vom Uhrmacher zum Juwelier emporgearbeitet hatte und so zum erfolgreichen Begründer der Tiroler-Glücksringe-Industrie in Obermais wurde.
Bruneck
Geboren 1852 in St. Lorenzen im Pustertal, erlernte Josef Maier zunächst bei seinem Vater das Handwerk des Uhrmachers, das er dort ausübte, bis er, gerade 22-jährig, die gleichaltrige Grödner Schnitzerin Maria Anna Comploi ehelichte und in Bruneck eine eigene Uhrmacherwerkstatt eröffnete.
Bozen
Doch die Uhrmacherei scheint seinen Tatendrang nicht befriedigt zu haben. Um 1880 zieht er nach Bozen, um dort im Handel mit sogenannten Galanteriewaren tätig zu werden. Er verkauft modische Zubehörartikel, also Taschen, Gürtel, Schals, insbesondere aber Modeschmuck wie Halsketten, Armbänder, Ringe, Broschen, Hutnadeln u. ä. Auch Grödner Schnitzereien dürften im Angebot gewesen sein, zumal Maier sich in Werbeanzeigen als Holz- und Elfenbeinschnitzer ausgibt. Der erste Geschäftssitz befindet sich am Johannsplatz, dem heutigen Waltherplatz. 1882 eröffnet er ein Galanteriewarengeschäft in Cortina, um 1888 ein weiteres auch in Meran, in der Habsburgerstraße, heute Freiheitsstraße, das er allerdings bald wieder auflässt.
Innsbruck
Mit den 1890er-Jahren bricht für den rührigen Handelsmann ein neuer Lebensabschnitt an. Zum einen erweitert er sein Tätigkeitsfeld, indem er 1892 in der Landeshauptstadt Innsbruck sein erstes „Tiroler Specialitäten-Geschäft“ eröffnet; zum anderen dehnt er nun sein Warenangebot auf echten Gold- und Silberschmuck „eigener Erzeugung“ aus. In Innsbruck richtet er nämlich eine Werkstätte für Gold- und Silberarbeiten ein, in der ausgebildete Absolventen der k. k. Fachschule Cortina Ringe, Colliers, Armbänder, Broschen, Anhänger usw. in reicher Auswahl anfertigten. Als Befähigungsnachweis für das Goldarbeitergewerbe gibt Maier an, vier Jahre lang bei Angelo Siorpaes in Cortina gearbeitet und das Goldschmiedehandwerk vollkommen erlernt zu haben. Doch das Bezirksgericht in Cortina bezweifelt die Angaben im vorgelegten Lehrzeugnis und hält Maier vor, dass er sich den Befähigungstitel erschleichen wolle. Der anschließende mehrjährige Rechtsstreit endet glücklich für den Goldschmied: Das Gericht erkennt letztlich die Richtigkeit des Dokuments an und spricht den Angeklagten frei.
Entscheidend für den weiteren Werdegang des aufstrebenden Unternehmens ist 1893 die „Erste Tiroler Landesausstellung“ in Innsbruck, bei der Josef Maier den von ihm entworfenen „Tiroler Glücksring“ einem breiten Publikum präsentieren darf und hierfür mit dem ersten Preis belohnt wird. Glück bringt dieser Ring, der im Grunde ein recht bescheidenes Ringlein in Gold oder Silber ist, ohne Zweifel seinem Erfinder selbst, dessen Unternehmen damit ungeahnte Erfolge erzielen sollte. Karl Wolf verfasst dazu eine Sage vom „Ursprung der Tiroler Glücksringlein“, die gedruckt zusammen mit dem Glücksring verkauft wird.
Das Geschäft floriert, darum sucht der umtriebige Maier nach weiteren Märkten. Im Februar 1895 zieht es ihn in die Schweiz nach Luzern; zugleich richtet er neue Niederlassungen in den Kurgemeinden Arco am Gardasee und Obermais bei Meran ein.
Obermais
Der neue Juwelierladen befindet sich im Prantl-Neubau am Kirchsteig (heute Kirchsteig 30). Als Maier im Juni 1896 sein Geschäft in Innsbruck verkauft, dürfte er seinen Wohnsitz bereits definitiv nach Obermais verlegt haben. Jedenfalls wird ein Jahr später berichtet, dass Kaiserin Elisabeth bei ihrem Aufenthalt in Meran das Geschäft des Juweliers zweimal besucht habe, „wo die Kaiserin verschiedene Artikel, die ihren Gefallen erregten, kaufte und bestellte.“ Nach ihrer Abreise erhält Maier gar den schriftlichen Auftrag, „so bald als möglich noch zwei Hutnadeln aus Gold, zwei ineinander gezogene Glücksringe, wie sie selbe für Ihre Majestät gemacht, samt Etui herzustellen und mit dem Goldkreuzchen sofort nach Budapest an die Kammer Ihrer Majestät zu senden.“ Eine unbezahlbare Werbung!
Der Betrieb beschränkt sich nicht allein auf die Herstellung von Ringen, die zu Tausenden verkauft werden, sondern setzt diese auch zu Armbändern, Uhrketten, Ohrgehängen, Hutnadeln, Anhängern usw. zusammen. Der Juwelier zeigt diesbezüglich eine erstaunlich reiche Erfindungsgabe, die dazu führt, dass schon 1898 nicht weniger als 31 Muster von Kombinationen gesetzlich geschützt sind. Sein Geschäft wird in kurzer Zeit eine Sehenswürdigkeit und das Ziel von Einheimischen und Gästen.