Kaffee
Der braunen Bohne in Südtirol auf der Spur
Im Sommer 2014 von Dr. Johannes Ortner
Im ersten Augenblick besticht der schwarz-braune Sud nicht aufgrund seines optischen Erscheinungsbildes. Kosten ihn Kinder, spucken sie ihn wegen seiner Bitterkeit erstmal aus. Doch das unvergleichliche Aroma des gerösteten und frisch gemahlenen Kaffees macht alles wett. Die meisten von uns starten mit dem weltumspannenden Muntermacher Nr. 1 in einen frischen Tag und wenn dazu noch Peter Corneliusʼ Der Kaffee ist fertig zärtlich in den Ohren klingt, dann ist der Kater von letzter Nacht dank Filterkaffee und Zitronensaft bald verflogen und wir sind wieder bereit für effiziente Lohnarbeit.
Die braune Bohne ist ein begehrtes Gut und Rohkaffee ist mit 22 Milliarden Dollar Umsatz das zweitwertvollste Handelsprodukt, das von Entwicklungsländern exportiert wird. Der Erlös am Weltmarkt jedoch ist äußerst schwankend: Von 14 Mrd. Dollar im Jahre 1986 fiel er im Krisenjahr 2001/2002 auf 4,9 Mrd. Dollar ab. Damals kostete eine Halb-Kilo-Packung in Deutschland durchschnittlich nur mehr 3,28 €! Was ein derartiger Preisverfall für die ca. 125 Millionen Menschen, die weltweit direkt oder indirekt vom Kaffeeanbau leben, bedeutet, kann man sich leicht ausmalen – denn 70 % der weltweiten Kaffeebauern sind in kleinbäuerlichen Betrieben organisiert.
Wie die Geiß auf den Kaffee kam ...
Eine bekannte Legende erzählt vom jemenitischen Hirten Kaldi, der in der Nähe eines Klosters Ziegen hütete. Er beobachtete wie diese – nach dem Abknabbern der roten Kaffeekirschen – Tag und Nacht munter umhersprangen. Die Mönche brühten den Kaffee ab, der ihnen half, die Nachtwachen mit Gebet und Meditation leichter durchzustehen, ohne vom Schlaf übermannt zu werden.
Die Ursprungsregion der Kaffeepflanze ist Kaffa, ein Königreich im Südwesten Äthiopiens, daher der botanische Gattungsname Coffea. Im dortigen Hochland kommt der bis zehn Meter hoch wachsende Kaffeebaum heute noch wild vor. Der Kaffee fand seinen Weg in den Jemen, von wo er sich weiter in der arabischsprachigen Welt ausbreitete („Arabica“). Über das Osmanische Reich („Türkentrank“), wo in Konstantinopel 1554 das erste Kaffeehaus eingerichtet wurde, kam er im 17. Jahrhundert nach Venedig und mit der zweiten Türkenbelagerung nach Wien. In Frankreich wurde der den Geist beflügelnde Kaffee zu dem Getränk der Aufklärung und zum nüchternen Widersacher der „dionysischen“ Getränke Wein und Schnaps!
Was ist Kaffee?
Kaffee ist ein schwarzes, psychotropes („die Seele wendendes“) koffeinhaltiges Heißgetränk, das aus gerösteten gemahlenen Kaffeebohnen, den Samen aus den Früchten der Kaffeepflanze, hergestellt wird. Grundsätzlich ist mit Kaffee der Bohnenkaffee (arabisch Bunn „Frucht des Kaffeestrauchs“) gemeint und nicht Surrogate aus Gerstenmalz, Eicheln, der Wegwarte (Zichorie) oder der Lupine. Letzterer „Muckefucke“ feiert seit einigen Jahren als Altreier Kaffee unter dem Etikett „Ethnofood“ ein munteres Comeback.
Die beiden Haupt-Kaffeearten
Die zwei botanischen Hauptarten (von insgesamt über 100) der Gattung Coffea sind Coffea arabica (Arabica- bzw. Hochlandkaffee, weil er zwischen 800 und 2000 m Seehöhe wächst) und Coffea conephora (Robusta- bzw. Tieflandkaffee). Arabica hat einen Weltmarktanteil von 60 %, ist aromatisch, blumig, fruchtig, angenehm und weist eine feine Säure auf. Die gewaschene Bohne ist grün-grau und hat einen gewellten Einschnitt. Die Reifezeit beträgt 9 bis 11 Monate. Hauptproduzenten sind Lateinamerika (z. B. Brasilien, Kolumbien, Guatemala, Mexiko) und Ostafrika (Äthiopien).
Robusta macht 36 % am Weltmarkt aus, enthält zwei bis drei Mal so viel Koffein (ein Alkaloid, das beim Rösten nicht abgebaut wird) und mehr Chlorogensäure als Arabica. Robusta weist eine kürzere Reifezeit und mehr Widerstandsfähigkeit auf, wächst auch in tiefen Lagen, ist ergiebiger und schmeckt erdig, holzig, voll, stark. Robusta wird hauptsächlich in Westafrika, Uganda, Indonesien und Vietnam angebaut.
Der Kaffeestrauch ist ein zartes Pflänzchen: Coffea arabica ist auf ein ausgeglichenes tropisches Klima mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 18 bis 20°C (nicht unter 13°C!) und eine hohe jährliche Niederschlagsmenge angewiesen. Der künstlich klein gehaltene Strauch – ähnlich wie bei uns die Apfelbäume – gedeiht im Schatten höherer Bäume, da ihm zu viel Sonne und Wind schaden. In der zuerst grünen, dann gelben und schließlich roten und reifen Kirsche liegen – mit der flachen Innenseite aneinandergeschmiegt – die zwei Kaffeebohnen. Ein Strauch liefert zwischen drei und fünf Kilo Früchte. Davon erhält man 1 kg Rohkaffee und dann 800 g gerösteten Kaffee. Wieviel Arbeit bei Pflege und Ernte in einer Halbkilo-Packung stecken, muss man sich einmal vorstellen!
0,1 % der Kaffeebohne besteht aus Aromastoffen, so viel wie bei keiner zweiten Frucht. Bisher sind 850 Einzel-Aromen erforscht – noch lange nicht alle.