Menschen in Not unter die Arme greifen
Im Winter 2014 von Angelika Kröll Kofler
Das System öffentlich-rechtlicher Sozialleistungen unterliegt in Südtirol gewissen Regeln. Für ihre Einhaltung und für die Vergabe von Beiträgen sind die Bezirksgemeinschaften zuständig. Worum sich der Sozialsprengel Meran alles kümmert, das soll in einer Artikelserie des Meraner Stadtanzeigers in den folgenden Ausgaben behandelt werden. Beginnend mit dieser Ausgabe geht es um die Vergabe von finanziellen Sozialhilfen.
Entgegen mancher Behauptungen muss Südtirol nicht jedem arbeitslosen EU-Bürger bzw. Nicht-EU-Bürger Sozialhilfe gewähren. Die Bedingungen für den Zugang zu Sozialleistungen sind mit strikten Voraussetzungen verbunden. In der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt ist der Sozialsprengel Meran mit dieser brisanten Aufgabe für die hier ansässige Bevölkerung betraut. Zum Sozialsprengel gehören Meran, Algund, Vöran, Marling, Schenna, Hafling, Riffian, Kuens und Dorf Tirol.
Der Leiter der Dienststelle, Robert Vorhauser, hat im Gespräch mit dem Meraner Stadtanzeiger die Inanspruchnahme der Finanziellen Sozialhilfe erläutert. Grundsätzlich hat Finanzielle Sozialhilfe die Funktion einer Grundsicherung, sozusagen eine Form der Wohlfahrtspolitik in Südtirol, zum Schutz zentraler Lebensrisiken. Das soziale Sicherungssystem gibt es in dieser Form nur in der Provinz Südtirol, nicht im restlichen Italien. Der Grundsicherung sind aber Grenzen und Schutzklauseln gesetzt, damit einem Missbrauch vorgebeugt wird.
Überbrückung einer Notlage.
Maria (alle Namen geändert) ist alleinerziehende Mutter, ihr Kind acht Jahre alt - sie ist seit einem Jahr arbeitslos. Ihre Ersparnisse sind erschöpft, die notwendigen Lebenserhaltungskosten kann sie aus eigener Kraft nicht mehr finanzieren. Mutter und Kind leben seit drei Jahren in einer Sozialwohnung. Die alleinerziehende Mutter ist aktiv auf Arbeitssuche. Sie hat jedoch aufgrund ihrer geringen Qualifizierung bisher nur stundenweise Arbeitsaufträge erhalten, wodurch sie ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend bestreiten kann. Der Unterhalt für das minderjährige Kind wird vom Kindesvater in unregelmäßigen Abständen überwiesen. Die Eltern der alleinerziehenden Mutter sind beide im Ruhestand, beziehen eine Mindestrente und können ihre Tochter nicht finanziell unterstützen. Zur Überbrückung der Notsituation bezieht die Mutter vom Sozialsprengel Soziales ein Mindesteinkommen.
Maria wird vom Sozialsprengel eine der verschiedenen Leistungen der Finanziellen Sozialhilfe gewährt. Diese gehört zu den verschiedenen Einsatzbereichen des Sozialsprengels. In ihre Zuständigkeit fällt die Vergabe von Beiträgen zur Deckung lebensnotwendiger Grundbedürfnisse (Ernährung, Bekleidung, Unterkunft, Hygiene). Rechtlich wird die Finanzielle Sozialhilfe auf das Dekret des Landeshauptmannes Nr. 30/2000 gestützt und gliedert sich in folgende Beitragsmöglichkeiten:
- Soziales Mindesteinkommen
- Beitrag für Miete und Wohnnebenkosten
- Sonderleistungen
- Taschengeld
- Zielgruppenspezifische ‘Sonderunterstützung
- Hausnotrufdienst und Seniorentelefon
- Beitrag zur Aufrechterhaltung des Familienlebens und des Haushalts
- Zahlung der Tarife für Unterbringung von Minderjährigen in sozialpädagogischen Einrichtungen
- Zahlung der Tarife für familiäre Anvertrauung
- Sonderleistungen für Minderjährige
- Unterhaltsvorschussleistung
- Tarifbegünstigung für den Tagesmutterdienst
Diese Beiträge dienen beispielsweise zur Deckung der Mietkosten in einer Notlage, wenn eine Person aus bestimmten Gründen nicht mehr als 400 € verdient. Auch einmalige Beiträge für Zahnarztkosten, Kaution, Medikamente, usw. können gewährt werden, welche von der Krankenkasse nicht bezahlt werden, aber den Bedingungen für Finanzielle Sozialhilfe entsprechen. Ein weiteres Beispiel ist die Unterhaltsvorschussleistung in Trennungssituationen, falls ein Elternteil nicht imstande ist, die Alimente zu bezahlen. Der gewährte Vorschuss muss aber wieder zurückgezahlt werden.
Wann werden diese Leistungen gewährt?
Dazu muss man den Grundgedanken der Finanziellen Sozialhilfe immer im Kopf behalten. Maria wurde ihrem Ansuchen um Soziales Mindesteinkommen zugestimmt, weil andere Unterstützungssysteme zur Überbrückung ihrer Notsituation nicht mehr ausreichten. Dafür war sie den vorgeschriebenen Weg gegangen. Zuerst wurden am Bürgerschalter ihre notwendigen Daten aufgenommen, dann wurde Marias Anfrage entgegengenommen und ein Termin für ein Erstberatungsgespräch vereinbart. Ein Sozialassistent schätzte ihre Lebenssituation beim Erstberatungsgespräch als Notsituation ein und leitete ihre Anfrage an den internen zuständigen Dienst weiter.
Im Jahr 2012 wurden beim Sprengel Meran 471 Erstberatungsgespräche geführt – pro Monat zwischen 29 und 52 Gespräche. Im Jahr 2012 war die Personengruppe der zwischen 31 und 40-Jährigen am stärksten vertreten.
Wenn nun andere Unterstützungssysteme wie beispielsweise das Arbeitslosengeld des INPS, der ehemalige Mietbeitrag des WOBI (obliegt seit 2013 auch dem Sozialsprengel) für Menschen in Notsituationen nicht greifen, dann sind Voraussetzungen für ein Ansuchen um Soziales Mindesteinkommen gegeben. Im Fall des Sozialen Mindesteinkommens macht Robert Vorhauser aber klar: „Das Soziale Mindesteinkommen ist keine Pension, sondern nur eine vorübergehende, subsidiäre Unterstützung in einer Notsituation.“ Das bedeutet gleichzeitig, dass jeder Antragssteller aufzeigen muss, dass er versucht seine ökonomische Situation zu verbessern. Ansonsten wird die finanzielle Unterstützung verringert bzw. bis auf Null gestrichen.