Mit der Geduld am Ende
Eltern fordern Lösung für Mittelschule Obermais
Im Winter 2016 von Dr. Paul Bertagnolli
Umgeben von einem sauber ausasphaltierten Schulhof, hineingedrängt ins Eck Cavour-/St.- Georgen-Straße und umspült vom regen Pendel- und Touristenverkehr zwischen Meran, Passeier und Schenna steht die schmucke, denkmalgeschützte Mittelschule des grünen Villenviertels Obermais. Aus dem Fenster im Erdgeschoss lacht der Totenkopf eines Skeletts heraus, doch wir lassen uns nicht abhalten und versuchen, die Cavourstraße zu überqueren. Als uns ein Auto vorbeilässt, betreten wir über einen Treppenaufgang das im Jahrhundertwenden-Gelb leuchtende Gemäuer, dessen Türmchen und Balustraden an die glorreiche Zeit der Kurzeit erinnern. Damals, als 1904 die berühmte Baufirma Musch & Lun dieses „Knabenschulhaus“ erbaut hat, waren hier freilich noch weniger Autos unterwegs, die Schule war ideal gelegen und sie war auch im Inneren auf dem neuesten Stand. Denn Musch und Lun war spezialisiert auf öffentliche Bauten und nicht nur in künstlerisch-architektonischer, sondern auch in technologischer Hinsicht ein Vorreiter im Alpenraum. Damals waren freilich auch noch weniger Kinder in Obermais – und die Schule bot genug Platz für alle, einige Jahre später auch für Mädchen.
„Eine neue Mittelschule muss her!“
Heute ist das anders: In den Gärten und Wiesen von Obermais wurde gebaut und so kommen immer mehr Kinder in die Schule. Das hübsche Haus im Ansitzstil hat längst nicht mehr genug Platz für alle 25 Lehrpersonen und 164 Schüler. Denn im Erdgeschoss kann man nicht unterrichten: Dort breitet sich der Schimmel aus, der bis in die höheren Stockwerke dringt und dort immer wieder übermalt werden muss. Aus den sanitären Leitungsrohren dringt unangenehmer Gestank – „schlimmer als in der Kläranlage bei Sinich, vor allem bei Wetterumschwung ist es kaum auszuhalten“, wie eine Lehrerin sagt. In die oberen Stockwerke führt kein Aufzug, sodass Rollstuhlfahrer die Treppen hinaufgetragen werden müssen. In den Computerraum dürfen nur zwanzig Personen, wenn der einundzwanzigste Schüler auch im Raum sitzen will, machen sich die Verantwortlichen theoretisch strafbar. In den alten Möbeln sind Namen eingraviert und oft nussgroße Löcher ausgestanzt. Auch die Schülerbibliothek ist wenig einladend: Ein paar Regale stehen da mit einigen Büchern, aber keine bequemen Sitzgelegenheiten und Nischen, um in einem Buch zu schmökern. „Ich war in einigen Mittelschulen, aber so ein veraltetes, baufälliges Gebäude habe ich noch nirgends angetroffen, und das ausgerechnet in Obermais, dem Villenviertel von Meran“, erzählt die Mutter eines Schülers. „Im Erdgeschoss ist alles feucht und voller Schimmel und Mauerfraß. Die Schuldienerin selbst hat mir gesagt, dass sie immer viel lüften muss. Aber da dieses Gebäude schon über 100 Jahre alt ist, wird das auch nicht viel nützen.“ Ihr Sohn hat ihr erzählt, dass die Trennwände der sanitären Anlagen so nieder sind, dass man leicht von einem Klo zum anderen klettern kann oder von anderen Mitschülern beobachtet werden könnte. „Eine neue Mittelschule muss her, es können nicht nur ein paar Stühle ausgetauscht werden, damit alle, die ein- und ausgehen, für ein Weilchen wieder besänftigt sind.“ Das meint auch Ulrike Schwarz. Ihr Sohn besucht zwar noch die Grundschule, aber trotzdem liegt ihr die Zukunft der Mittelschule am Herzen. Ulrike Schwarz ist bei der Arbeitsgruppe, die aus Direktor und Elternvertretern besteht und nun Unterschriften gesammelt hat, damit die Gemeindeverwaltung endlich versteht, dass es so nicht weitergehen kann: „Es ist schlicht und einfach ein Armutszeugnis für Meran und deren Volksvertreter/-innen, die ihre politischen Machtspielchen seit Jahren auf dem Schul-Rücken unschuldiger Kinder – die ja unsere Zukunft sind – austragen und es unterlassen haben bzw. unterlassen, für deren Wohl und Ausbildung angemessen zu sorgen.“ Ulrike Schwarz ist aufgebracht wie viele andere Eltern in Obermais: „Alle Kinder sollten die schönsten Bildungsstätten haben!“
Lehrer und Schüler auf Wanderschaft
„Beim Stundenwechsel müssen Lehrpersonen die steile Cavourstraße hinauf in das alte Rathaus in der Dantestraße gehen“, erzählt die Lehrerin, „denn dort sind die zwei Klassen untergebracht, die in der Schule nicht mehr Platz haben. Weil dabei mindestens zehn Minuten draufgehen, braucht man inzwischen eine Aufsicht für die wartenden Schüler.“ Fünfzehn Minuten mindestens gehen auch für den Hinweg zum Sportunterricht in der Grundschule am Brunnenplatz verloren. „Man kann das Pendeln zwischen Schule und Turnhalle zwar als Sport sehen, aber der Sportunterricht selbst wird gekürzt, das kann es nicht sein.“