Schloss Rundegg/Rundeck
Im Frühling 2020 von Dr. Elfriede Zöggeler-Gabrieli
Geheimnisvolle Geschichten ranken sich um Schloss Rundegg. Allein schon der Ursprung des Ansitzes gibt Rätsel auf. So ist bis heute nicht eindeutig geklärt, ob der Freisitz aus einem ehemaligen Lehensgut hervorgeht oder ob er gar aus einen Wohnturm entstand, dem im 16. Jahrhundert weitere Baulichkeiten hinzugefügt wurden. Der sagenhafte Reichtum des Bernhard Paravicini und seine Vorliebe für edle Pferde und das Verzehren von frischen Hühnereiern leben in einer Sage weiter und gar mancher Bewohner des Schlosses ist der Meinung, dass es darin hin und wieder spuke.
Seit den 1960er-Jahren wechselte das Schloss Rundegg mehrmals seine Eigentümer, bis es im November 1976 vom Ehepaar Paul und Herta Sinn gekauft wurde. Damit begann ein neues Kapitel für das Schloss. Es wurde meisterhaft renoviert und zu einem Luxushotel ausgebaut und konnte somit 1978 die erste Beautyfarm Italiens eröffnen. Nach zwei Jahrzehnten entschloss sich Paul Sinn, das Hotel zu veräußern und fand 1998 geeignete Käufer in der Südtiroler Unternehmerfamilie Spögler. Heute wird das Schlosshotel von David Kofler-Schrefler und seinem Team geführt.
Ein professionelles SPA-Team samt Ärzten, dem hauseigenen Apotheker Daniele Rizzo sowie „Philip Martin's“ Linie im Beautycenter stehen den Gästen zur Verfügung. Zudem können diese Detox-, Entspannungs-, Kneipp- und Panthermalbäder, eine Saunalandschaft sowie die Fitnessräume, das Hallen- und das Freibad genießen. „Einfach und gut“ ist das Credo des Küchenchefs mit seiner Küchen- und Servicebrigade, welcher den Gästen Vitalmenüs, Speisen aus der traditionellen Südtiroler Küche, genauso aber feine mediterrane Köstlichkeiten samt edlen Weinen kredenzt.
Wen wundert es, dass sich so mancher prominente Gast gerne im Schloss Rundegg verwöhnen lässt. In den Gästebüchern entdeckt man manche prominente Unterschrift, wie von Politikern, die Geschichte schrieben, so Altbundeskanzler Bruno Kreisky und Silvius Magnago oder Heide Schmidt, von Promis der Musikszene wie die Kelly Family, DJ Ötzi oder Franco Zeffirelli.
Auch die Schauspieler Horst Tappert und Mario Adorf, die Modeschöpferin Mila Schön, die Skirennläuferin Ulrike Stangassinger und der A. C. Milan sowie Gäste aus aller Welt, z.B. aus den USA, aus Venezuela, Ecuador, Kanada, China und Japan verewigten ihre Lobeshymnen über das Gästehaus.
Im Schloss Rundegg fanden und finden außerdem kulturelle Veranstaltungen statt. Paul Sinn lud beispielsweise zu mittelalterlichen Tafelveranstaltungen und Krimidinnern ein. Weiterhin werden Literaturabende angeboten. In diesem Rahmen wurde auch der Roman von Sveva Casati Modignani „Sehnsucht nach Meran“ (2002) mit der Protagonistin Josepha Paravicini vorgestellt.
Das Jauken
Eine weitere Attraktion des Ansitzes bilden die Wiener Hochflugtauben bzw. das „Jauken“, ein Hobby des Geschäftsführers. Der Begriff Jauken umfasst die Zucht, das Training und vor allem das Wettfliegen der Tiere. Die Ursprünge dieser Tierrasse reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück und das Jauken wurde insbesondere in Wien praktiziert. Bei Wettflügen wird eine Gruppe Hochflugtauben „aufgejaukt“ (hochgejagt). Der Schwarm Tauben, den man „Stich“ nennt, wird im Hinblick auf Flughöhe etc. bewertet. Preisgelder werden ausgegeben, früher wurden außerdem Wetten abgeschlossen, daher wird die Wiener Hochflugtaube auch als „Rennpferd des kleinen Mannes“ bezeichnet. Der traditionelle Flugsport mit Wiener Hochflugtauben zählt seit 2019 zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO.
Besitzgeschichte
Die Geschichte dieses imposanten Ansitzes in Obermais nahe dem Brunnenplatz reicht bis in die Frühe Neuzeit zurück. Es sind Historiker wie Walter Egger, Josef Tarneller oder Beda Weber, die seinen Ursprung im Lehengut Badleit vermuten. Dieses sei auf dem alten Riede Paleitt in der Pfarre Mais entstanden, das bereits im 14. Jahrhundert, gemeinsam mit Weingärten, in Urkunden erwähnt wird. Bevor es 1564 Christof Mamminger erwirbt, saß lange Zeit die Meraner Richtergeneration der Talhacker darauf, weshalb es bis Anfang des 18. Jahrhunderts vereinzelt auch als Talhackerlechn bezeichnet wird.
1621 kommt das Gut in den Besitz des aus Graubünden wegen seiner Konfession geflüchteten Hans Jakob von Mohr zu Lichtenegg, der 1625 von Erzherzog Leopold für Rundegg die Rechte und Freiheiten eines Edelsitzes erhält. 1684 erwirbt Ferdinand von Küepach den Ansitz. Dessen Witwe Dorothea Kleinhans zu Labers und Mühlrain verkauft es 1714 an Bernhard Freiherr von Paravicini de Capellis, der aus dem Veltlin eingewandert ist.
Bernhard von Paravicini wurde 1666 in Valtelina geboren und tritt noch jung in französische Kriegsdienste. Man erzählt sich, dass er, aus Eifersucht gegenüber seiner zweiten Frau, einen Offizier seiner Freischar im Zweikampf getötet habe. Aus Furcht vor dessen Verwandten gibt er sein Vermögen um 20 % jährlich auf Lebenszeit an seinen Bruder ab und flieht in das südliche Tirol. Er vermählt sich viermal; zuerst mit einem Fräulein Belasi, in zweiter Ehe mit Veronika von Planta, in dritter mit Marianna Freiin von Fluggi und zuletzt, bereits 82-jährig mit der 64 Jahre jüngeren Marianna von Zinnenberg, deren Ehe sieben Kinder entsprießen. Davon überleben ihn fünf, die allerdings allesamt bei seinem Tode 1770 noch minderjährig sind. Bei seinem Ableben ist das siebte Kind noch gar nicht geboren, während seine älteste Tochter aus der ersten Ehe bereits 80 Jahre zählt. Insgesamt zeugt er mit seinen vier Gemahlinnen 12 Kinder. Beda Weber beschreibt ihn als schönen, großen Mann, mit hoher Stirn, von sehr verständigem Ausdruck. Er habe oft und nie viel auf einmal, aber am liebsten frisch gelegte Eier gegessen. Er schlich deshalb legenden Hennen nach und trank die Eier sofort aus. Durch den langen Bezug seiner Leibrente kann er sich ein ansehnliches Vermögen sammeln. Überliefert ist auch, dass alljährlich ein mit Geld beladenes Maultier aus Valtelina, mit einer Glocke am Hals, deren Klang er schon von weitem erkannte, im Schloss ankam.
Nach Bernhards Tod wirtschaftet seine zurückgelassene Witwe mit dem Vermögen nicht am besten und als sein Sohn Johann Nepomuk Freiherr von Paravicini de Capellis und Rundegg das väterliche Erbe antritt, ist es deutlich geschmälert. Er stirbt 1813 und hinterlässt seine Frau Theresia geborene Battaglia sowie die beiden Töchter Theresia und Josepha. Theresia ehelicht Felix Adam Riccabona von Reichenfels, den Bürgermeister von Innsbruck, dem sie eine Tochter namens Maria gebärt. Nachdem Theresia bald das Zeitliche segnet, vermählt sich ihre Schwester Josepha (†1878) mit Felix Adam Riccabona. Ihre Nichte und Ziehtochter, die Erbin von Schloss Rundegg, namens Maria Riccabona, heiratet den Meraner Pfarrorganisten Johann Baptist Kostner (†1885). Deren Tochter Josefine erbt daraufhin den Ansitz Rundegg.
Schloss Rundegg und die Krisenjahre
Im Einvernehmen mit der Gemeinde Meran lässt Josefa Kostner das vorspringende Eck des Weinackers, der zum Schloss gehörte, 1892 um ca. 13 m zurücksetzen, sodass die Ostgrenze des „Karl-Ludwig-Platzes“ (heutiger Brunnenplatz) in gerader Linie vom Brunnenhäuschen an der Reichenbachgasse bis hinüber zum Ansitz Rosenstein verlief. Daraufhin werden das am Tor rechtsseitig gelegene Wasserkötterle abgebrochen und beidseitig des Eingangstores zwei geräumige Ladenlokale erbaut, die bald darauf vermietet werden. Während es scheint, dass Josefine Kostner auch einige Zeit nach Ableben ihres Mannes ein finanziell unabhängiges Leben führen kann, beschäftigt sie doch eine Köchin, Anna Terzer, die 1895 plötzlich verstirbt, und den Verwalter Hans Pircher (†1902), gerät sie jedoch bald nach 1900 in größere Geldnöte. Sie versuchte zwar, durch Zimmervermietungen und Verkauf von Mobilien wie Einrichtungsgegenständen und Kachelöfen kurzfristig zu Geldmitteln zu gelangen, doch geht 1912 das Gerücht um, das Schloss habe seinen Besitzer gewechselt, was allerdings von ihr sofort öffentlich dementiert wird.
Die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges und die darauffolgenden Krisenjahre haben wohl dazu beigetragen, dass Josefine Kostner nicht mehr imstande ist, die Liegenschaft zu halten, worauf es 1934 zur Zwangsversteigerung kommt, wobei Schloss mit Hof, die beiden Geschäfte, zwei Gemüsegärten, Wiese, drei Weinlauben, und ein Weg zu einem Ausrufpreis von 40.000 Lire angeboten werden.
Die Gebrüder Josef und Anton Spitaler, der eine Kaufmann und der andere Metzgermeister, ersteigern 1934 das Schloss Rundegg für 251.000 Lire von der Sparkasse Meran. Josefine Kostner darf weiterhin und bis zu ihrem Lebensende ihm Ansitz wohnen und verstirbt am 30. November 1943 im 83. Lebensjahr. Daraufhin verlegt Anton Spitaler mit seiner Familie seinen Wohnsitz in den 2. Stock des Schlosses und unterhält zudem in einem der Lokale am Brunnenplatz einen Krämerladen, während Josef Spitaler, der Metzgermeister, vor allem die zum Schloss gehörenden landwirtschaftlichen Gebäude in Anspruch nimmt, in denen er zunächst Schlachtvieh unterbringt, es dort in der sogenannten „Waschküche“ verarbeitet, um es dann in der Metzgerei Spitaler (heutiges Cafè Brunnenplatz) zu verkaufen.
1963 werden die beiden Ladenlokale am Brunnenplatz an die Sparkasse der Provinz Bozen verkauft, die auf diesen Bauparzellen eine ihrer Filialen errichtet. Wie bereits eingangs erwähnt, wechselt der Ansitz in den darauffolgenden Jahren mehrmals den Besitzer, bis er dann Ende der 1970er-Jahre vom Ehepaar Sinn in ein Schlosshotel umgewandelt wird.
Die Sage „Die Knattl am Rosschwoaf“ nach Hans Matscher
Der Edle von Paravicini liebte Hennen und Pferde. Letztere standen wohlgenährt und gestriegelt im Pferdestall von Schloss Rundegg. Das Leibross betreute insgeheim ein Nörggele, es säuberte und putzte das Tier, dass ja kein Stäubchen an ihm hängen blieb und brachte sein Fell auf Hochglanz. Nur unterhalb des Rossschweifes ließ das Männlein täglich eine Knattl, also ein Schmutzklümpelchen, stehen. Der Stallmeister übersah diese Eigenheit des stillen Helfers großmütig, denn er war froh, solch einen fleißigen und dabei verborgenen Knecht zu haben. Eines Morgens kam der Schlossherr übelgelaunt aus dem Hühnerstall in den Pferdestall. Vielleicht war in ersterem die Auslese an Eiern zu gering verlaufen oder er hatte eine schlechte Nacht hinter sich gebracht. Es war wohl schwer zu erraten, weshalb der edle Herr sich in misslicher Laune befand. Er schritt die Reihe der Pferde ab und bemerkte den Schmutzballen, worauf er schimpfte, wie es wohl kaum ein Kavalier tut, aber wohl ein Kavallerist kann und schnitt eigenhändig die Knattl ab.
Ein raues Gelächter aus einer Ecke des Stalles ließ alle aufhorchen, selbst die Gäule spitzten aufgrund des seltsamen Geräusches die Ohren. Doch in der Ecke war niemand. Ab diesem Moment begann das Leibross zu siechen, streckte eines Tages alle Viere von sich und war eines Morgens tot. Der Freiherr mied fortan den Pferdestall.