Spiegel der Wirtschaft (1)
Im Sommer 2018 von Eva Pföstl
Das Geschäftsklima steigt in Südtirol seit fünf Jahren in Folge an. Die Ertragslage war 2017 für 91 Prozent der Unternehmen zufriedenstellend und für 2018 wird eine erneute Verbesserung erwartet. Heuer gehen ganze 95 Prozent der Wirtschaftstreibenden von einem zumindest befriedigenden Betriebsergebnis aus und 28 Prozent erhoffen sich sogar eine wirklich gute Ertragslage. Die Konjunkturerhebungen des WIFO – des Instituts für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen – zeigen nicht nur bei den Unternehmern, sondern auch bei den Haushalten eine optimistische Stimmung. Der Konsumklimaindex hat sich kontinuierlich verbessert und ist im italienischen und im europäischen Vergleich überdurchschnittlich. Die Südtiroler Konsumenten zeigen sich zuversichtlich.
Georg Lun, Direktor des WIFO, zeigt sich sehr erfreut darüber: „In den vergangenen drei Jahren haben die Umsätze immer mehr an Dynamik gewonnen und die Mehrheit der Südtiroler Unternehmen konnte 2017 ein steigendes Geschäftsvolumen erwirtschaften.“ Besonders positiv entwickelt sich die Exportwirtschaft. 2017 haben die Ausfuhren von Südtirols Unternehmen mit 4,8 Milliarden Euro einen neuen Spitzenwert erreicht, das entspricht einem Jahreswachstum von 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ein weiterer Wirtschaftstreiber ist der Tourismus. Südtirol hat über 10.000 Beherbergungsbetriebe mit 220.000 Betten und verzeichnet 7 Millionen Ankünfte und mehr als 31 Millionen Übernachtungen im Jahr. 17 Prozent der Wertschöpfung sind auf den Tourismus zurückzuführen. Südtirols Tourismus trägt mit 16.312 Euro je Einwohner und Jahr zur Wertschöpfung bei. Damit ist Südtirol führend unter den italienischen Provinzen.
Wertschöpfung in Südtirol
In Südtirol generiert der Dienstleistungssektor fast drei Viertel (73,5 Prozent) der regionalen Wertschöpfung, während der Industriesektor einschließlich des Baugewerbes für 22,1 Prozent und der Agrarsektor für 4,3 Prozent der regionalen Wertschöpfung verantwortlich sind. Bemerkenswert sind die jeweiligen Anteile an der Wertschöpfung des Handels und des Gastgewerbes mit jeweils ca. 12 bis 17 Prozent. Darin spiegelt sich eine für Südtirol charakteristische Stärke des Handels und des Gastgewerbes wider.
2018: BIP soll um 2,5 Prozent steigen
„Das Südtiroler Bruttoinlandsprodukts (BIP) wird in diesem Jahr laut unseren Konjunkturprognosen voraussichtlich um 2,8 Prozent wachsen“, betont Lun.
Damit schneidet Südtirol weit besser ab als der Rest Italiens. Aber auch gegenüber Deutschland hat Südtirol in den Prognosen für 2018 die Nase vorn. Diese Entwicklung wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt positiv aus. Südtirol zählt zu den europäischen Regionen mit Vollbeschäftigung. Die Beschäftigungsrate liegt in Südtirol bei 78,2 Prozent, die Arbeitslosenquote beträgt 3,4 Prozent und hat damit etwa auch jene des Bundeslandes Tirol übertroffen, die bei 77,8 Prozent liegt. Zum Vergleich: Auf Staatsebene liegt die Beschäftigungsrate bei 61,1 Prozent. Auch die für 2017 errechnete Jugendarbeitslosenquote Südtirols (10,2 %) liegt weiterhin klar unter dem EU-Durchschnitt von 16,8 %. Allerdings liegt sie über dem Wert des Bundeslandes Tirol (7,7 %) und dem österreichischen Durchschnitt (9,8 %), aber deutlich unter dem Wert des Trentino (20,1 %).
Risikofaktoren
So erfreulich sich die aktuelle Lage derzeit auch darstellt, bleibt sie dennoch nicht frei von Risiken, die das Hoch im Verlauf des Jahres nennenswert ausbremsen könnten: Internationale geopolitische Unsicherheiten und Risiken, Baustellen innerhalb Europas oder auch binnenpolitische Risikofaktoren könnten die Geschäfte der Unternehmen massiv beeinträchtigen. Angesichts gut ausgelasteter Kapazitäten und einer angespannten Lage des Arbeitsmarktes droht sich besonders der Engpass bei den Fachkräften zum Flaschenhals der Konjunktur auszuwachsen. „Wir spüren in allen Wirtschaftszeigen die Auswirkungen der demografischen Entwicklung und der Hochkonjunktur. Der Arbeitsmarkt ist leergefegt“, unterstreicht Lun.
Im Vergleich zu den ausländischen Konkurrenten haben die heimischen Betriebe mit höheren Lohnkosten und einer stärkeren Steuerbelastung, mit um 30 Prozent höheren Energiepreisen, wenigen und teuren Grundstücken für die Erweiterung oder Ansiedelung und einem hohen bürokratischen Aufwand zu kämpfen. Dazu kommen noch die Defizite in der Erreichbarkeit.