Theater in der Altstadt feiert 30-jähriges Bestehen
Prägung und Wiener Jahre
Die Geschichte des Theaters in der Altstadt ist sehr innig mit dem Werdegang Rudi Ladurners verbunden. Rudi Ladurner war Schüler an der Handelsoberschule in Bozen und dort wirkte Luis Benedikter als junger Deutschprofessor. Er war es, der Rudi für das Theater begeisterte. Nach der Matura ging Rudi nach Wien und begann dort bei Prof. Margret Dietrich Theaterwissenschaft zu studieren. 1981 schloss er mit seiner Dissertation „Das Theater von Dario Fó“ das Studium der Theaterwissenschaften ab.
Er bekam in München eine Regieassistenz am Residenztheater. Dort hat er unter anderem mit dem Theater- und Filmregisseur Franco Enriquez zusammengearbeitet. Bald kam Rudi ans Wiener Burgtheater und Akademietheater, damals unter der Direktion von Achim Bennig, dessen Assistent er auch wurde. Rudi betreute auch Produktionen von Jurij Ljubimow, ehemals Direktor und Regisseur am „Taganka-Theater“ in Moskau. Auch von einer interessanten Tournee in Japan hatte Rudi zu berichten. Seine erste eigene Regie bekam Rudi mit dem Stück „Aloen" von Athol Fugard bei der Studio-Bühne des Burgtheaters. Rudi hat dann als freier Regisseur bei Intendant Wochinz in Klagenfurt inszeniert, einmal auch in Bern.
Rudi Ladurner kehrt nach Südtirol zurück: Die Städteproduktionen
Im Jahre 1986 kehrte Rudi Ladurner nach Südtirol zurück und inszenierte mit großem Erfolg im Innenhof von Schloss Maretsch in Bozen „Die wahre Geschichte des Ah Q" von Christoph Hein. Damit gab er den Auftakt für die „Städtekoproduktionen Meran und Bozen“, die ein paar Jahre die Südtiroler Theaterszene prägen sollten. Von Anfang an pflegte Rudi eine Freundschaft mit dem Bozner Künstler Markus Vallazza. Unter Rudis Regie entstanden nun weitere Produktionen etwa „Die Nashörner“ von Eugène Ionesco und ein weiteres Stück von Christoph Hein, „Passage“. Rudi pflegte Kontakte zu Inga Hosp (der Frau des Landesrates Bruno Hosp und in der Kulturszene tätig) und Luis Benedikter und traf sich mit alteingesessenen Theaterleuten, wie Franco Marini, der im „St.-Nikolaus-Pfarrsaal“ mit seinem „Theater in der Klemme“ zu Hause war.
Das „Theater in der Altstadt“ etabliert sich
Rudi erkannte, dass es durchaus eine Nachfrage für ein professionelles Theater auch nur für Meran und Umgebung gab. Der „St.-Nikolaus-Pfarrsaal", bereits als Theaterwerkstatt benutzt, wurde als ständige Spielstätte auserkoren. Das dort beheimatete „Theater in der Klemme“ bildete die Basis für Rudis Theaterarbeit. Alles, was es brauchte, war vorhanden: Schauspieler, Bühne und ein interessiertes Publikum. Franco Marini und Rudolf Ladurner arbeiteten von da an eng zusammen und realisierten gemeinsam unzählige Theaterprojekte. Im Februar 1988 wurde der Trägerverein „ZeitTheater" gegründet. Von Anfang mit dabei waren Siegfried Stampfl, Helga Sapelza und ich, bald kamen Irene Volgger und Adam Pfitscher hinzu, später auch Franco Marini. Es entwickelte sich eine rege Theater- und Kulturtätigkeit mit Theater, Matineen, Lesungen, Musikdarbietungen und vielem mehr. Im Jahre 1990 inszenierte Rudi in Nordtirol auf 2.662 m Höhe Felix Mitterers Drama „Munde. Das Stück auf dem Gipfel“ mit dem damals noch wenig bekannten Tobias Moretti. Viele Inszenierungen Rudis wurden übrigens vom Fernsehen aufgezeichnet, so auch diese vom ORF und NDR. Viele Südtiroler Produktionen hingegen wurden von der RAI, Sender Bozen aufgenommen und dann gesendet. Rudi inszenierte immer wieder gerne Stücke von Felix Mitterer, etwa 1994 „Die Kinder des Teufels“ im Rahmen der Rittner Sommerspiele, bei denen er insgesamt siebenmal Regie führte. Auch bei den Freilichtspielen Lana wirkte Rudi als Regisseur. 1992 wurde der Mietvertrag mit dem „Verein ZeitTheater" nicht mehr verlängert. Das Ende des Traumes von einem eigenen Theater schien gekommen. Rudi lud am 29. November 1992 zur „Abschiedsgala“. An die 20 Schauspieler ließen vor einem vollbesetzten Saal die vermeintlich allzu kurze Geschichte des „Theaters in der Altstadt" in kleinen Szenen und Liedern Revue passieren. Die Kunde vom drohenden Ende des „Theaters in der Altstadt" hatte eine Reihe von Aktionen unter dem Motto „Das Theater in der Altstadt darf nicht sterben!" zur Folge. Bürgerinitiativen, offene Briefe und eine gute Presse erwiesen sich als starker Motor für die Suche nach einer neuen Spielstätte. Ich kann mich erinnern, dass Christina Kury und Ivo Carli, die damals im Kulturleben Merans sehr engagiert waren, sich besonders einsetzten und mahnten: „Man wird doch nicht eine solche Kapazität wie den Rudi – so mir nix dir nix – einfach ziehen lassen“.
Der Umzug in den Keller des Kurhauses, der heutigen Spielstätte
Gespräche mit Politikern und Vertretern der Kurverwaltung ließen erkennen, dass ein Weiterbestehen des „Theaters in der Altstadt" durchaus erwünscht war. Es kam die Idee auf, den ehemaligen Heizraum – oder war es der Kohlenkeller? – im Kurhaus als Theaterraum zu verwenden. Die Südtiroler Landesregierung, die Gemeinde Meran und die Südtiroler Sparkasse stellten finanzielle Mittel bereit.
Das neue Theater hatte zwar keine Guckkastenbühne, sondern einen offenen, amphitheaterartigen Zuschauerraum, der zwar nur 120 Personen Platz bot (im Gegensatz zum „St.-Nikolaus-Saal“, der 300 Sitzplätze bot), aber dafür gab es gute Sichtverhältnisse, eine Kellertheater-Atmosphäre und die verlockende Aussicht, nun endlich alleiniger Hausherr zu sein. Die Wahl dieser Spielstätte erwies sich in der Folge als durchaus richtige Entscheidung.
Am 4. Mai 1993 wurde das neue „Theater in der Altstadt“ mit der Uraufführung des Stückes „Das Ende der Zeiten" von Hanspeter Demetz mit viel Prominenz eröffnet.
30 Jahre Theater für Meran
Das Programm wurde ständig erweitert. Es gab im Laufe der Zeit auch eine Reihe von Uraufführungen, stellvertretend nenne ich „Trudis & Rudis Wohlfühloase" von Horst Saller, einem der Preisträger des Autorenwettbewerbs des Südtiroler Theaterverbandes zum Gedenkjahr 2009. Dem Theater in der Altstadt war es immer auch ein Anliegen, Südtiroler Autoren und Künstler zu fördern.
Im Jahre 1996 führte ich im Rahmen meiner Diplomarbeit eine Besucherbefragung durch. Die Untersuchung ergab unter anderem, dass das Konzept des Theaters sehr gut ankommt und dass sich die Besucher mit dem „Theater in der Altstadt" stark identifizieren.
Die technische Ausstattung des Theaters wurde ebenso ständig verbessert. 1998 wurde zusätzlich zum Hauptzuschauerraum eine kleine Studiobühne für ca. 60 Zuschauer eingerichtet. Seit dem Jahre 1996 bereichert das Frauentheater „Phenomena", neben dem „Theater in der-Klemme" das Programm. Diese Truppe, dem politischen Theater und Frauenthemen verpflichtet, feiert heuer das 25-jährige Jubiläum ihres Bestehens.
In der Folge suchte das „Theater in der Altstadt" auch die Zusammenarbeit mit anderen Südtiroler Städtetheatern wie dem „Stadttheater Bruneck" oder der „Carambolage" in Bozen. Zeitweise gab es auch eine Kooperation mit dem „Tiroler Landestheater" und den „Vereinigten Bühnen Bozen“.
Ein ganz wichtiges Anliegen Rudis war stets die Förderung des Kinder- und Jugendtheaters. In letzter Zeit hat sich das „Theater in der Klemme“ auf das Kindertheater spezialisiert und jeweils im Dezember eine Produktion herausgebracht.
Viele weitere erfolgreiche Jahre gingen ins Land. Nach 10 Jahren hatten wir schon die Schallmauer von 1.000 Veranstaltungen und 100.000 Besuchern durchbrochen und wir konnten auf 57 Eigenproduktionen zurückblicken. Herausragend war das Jahr 2005 mit 154 Aufführungen und 15.096 Besuchern. Das hat auch mit dem Kabarettpreis „Salzburger Stier“ zu tun, bei dem das „Theater in der Altstadt“ die Organisation übernommen hatte und dem Publikumsrenner „Leo und Luis – die zwoa luschtign drei Spitzbuam“, ein volkstümliches Kabarett mit den bekannten Schauspielern, Kabarettisten und Publikumsmagneten Lukas Lobis und Thomas Hochkofler.
Insgesamt gab es von 2002 bis 2019 664 Veranstaltungen, 2.298 Aufführungen (davon 170 Eigenproduktionen) und 203.539 Besucher. Wenn wir die Besucherstatistik seit 1993 dazunehmen, kommen wir auf 301.144 Besucher!
Tradition und Neuausrichtung
2018 erkrankte Rudi Ladurner und nach zweijähriger Krankheit ist er leider am 19. Dezember 2019 verstorben. Wir wollten noch gemeinsam im November 30 Jahre erfolgreiche Theaterarbeit miteinander feiern, doch daraus wurde leider nichts.
Johanna Porcheddu (damals in der Rolle als Technikerin) und Bruni Salner (als Sekretärin) haben in Abwesenheit von Rudi mit Unterstützung von Freiwilligen den Theaterbetrieb aufrechterhalten und das Programm mit ungeheurem Einsatz und Improvisationsvermögen durchgezogen. Beide Frauen waren bereits über viele Jahre Mitarbeiter des Theaters in der Altstadt und waren enge Vertraute Rudi Ladurners.
Für den „Verein ZeitTheater“, der hinter dem „Theater in der Altstadt“ steht, konnten erstaunlich viele Personen aus dem Meraner Kultur- und Theaterleben als Mitglieder gewonnen werden. Alles Menschen, die sich mit dem „Theater in der Altstadt“ identifizieren und die sehr viel Fachwissen und Engagement mitbringen.
Am 20. September des vergangenen Jahres wurde mit den Neuwahlen zum Vorstand ein neues Kapitel aufgeschlagen. Nun steht der junge Wirtschaftsinformatiker Nikos Charalampopoulos, ein Meraner mit griechischen Wurzeln, dem „Verein ZeitTheater“ als Präsident vor, tatkräftig unterstützt von der Vizepräsidentin Verena Wellenzohn (Mitarbeiterin am Amt für Gesundheitsordnung bei der Südtiroler Landesverwaltung) und Margrit Schild (Professorin und Leiterin des Faches M.T.T. Musiktanztheater an der Musikschule Meran und seit langem mit dem „Theater in der Altstadt“ aktiv verbunden).
Wir „Alten“ vom Theater in der Altstadt sind mit der Entwicklung sehr, sehr glücklich, begleiten das geliebte Theater aber gerne weiterhin. Wir wünschen den neuen Akteuren von Herzen weiterhin viel Erfolg und dem Theaterpublikum weiterhin viele erlebnisreiche und unterhaltsame Theaterabende! Bleiben Sie uns auch in schwierigen Zeiten treu!