Umweltfreundliche Abfallwirtschaft in Meran
Im Herbst 2018 von Philipp Rossi
480 kg Müll produziert jeder Europäer durchschnittlich im Jahr. Auf die Einwohnerzahl Merans umgerechnet, sind dies stolze 19.200 Tonnen, die dem Gewicht von ungefähr 15.000 Personenkraftwagen entsprechen. Eine umweltfreundliche und ökologische Abfallwirtschaft ist daher für eine Stadt unvermeidlich. In Meran haben die Stadtwerke im Jahr 1998 die Umweltdienste übernommen und garantieren seitdem qualitativ hochwertige Dienstleistungen für die Bürger der Passerstadt. Der Meraner Stadtanzeiger hat das städtische Abfallwirtschafts- und Recyclingsystem etwas genauer unter die Lupe genommen.
Gut im Rennen
„1998 wurde die S.U.T.A., welche jahrzehntelang die Abfallwirtschaft in unserer Stadt geführt hatte, aufgelöst, weil sie wirtschaftlich nicht mehr rentabel war“, erklärt Pietro Norcia, der Verantwortliche für die Umweltdienste der Stadtwerke Meran. Die Mülltrennung befand sich damals noch in den Kinderschuhen. Nur Metalle wurden recycelt. „Erst als das Ronchi-Dekret im Jahr 1997 in Kraft trat“, so Norcia, „begann man schrittweise, auch andere Materialien, etwa Papier, Glas oder Kunststoff, zu trennen.“ Nationale Recyclingkonsortien, welche auf die Wiederverwertung einzelner Materialien (z.B. Karton) spezialisiert sind, wurden gegründet, auch Meran hat sich solchen Konsortien angeschlossen.
48 Mitarbeiter sind derzeit im Umweltbereich der Stadtwerke beschäftigt; fünf davon im Recyclinghof in Lana, zwei in der Verwaltung, während alle anderen operativ tätig sind. Insgesamt 50 Fahrzeuge stehen der Stadtreinigung zur Verfügung. „Über die Hälfte unserer Mitarbeiter sind im Umweltdienst beschäftigt“, weiß Hans-Werner Wickertsheim, der Präsident der Stadtwerke Meran.
Meran steht im Städtevergleich ziemlich gut da. „Bis vor einigen Jahren gehörten wir zu den Spitzenreitern in Sachen Recycling, jetzt befinden wir uns im Mittelfeld“, fügt Norcia hinzu. Nicht etwa, weil die Meraner trennmüde geworden seien, sondern weil die anderen Städte aufgeholt hätten. Insgesamt sei Südtirol in Sachen Recyceln gut im Rennen. „Zwei Faktoren spielen hier zusammen: die kulturelle Prägung und die geographische Lage“, erklärt der Umweltexperte. Die kleinräumigen Strukturen (Dörfer, Siedlungen) begünstigen nämlich die soziale Kontrolle, „anonyme“ Müllinseln, wie etwa in Großstädten, gebe es hierzulande kaum.
Und wie sieht es mit den Kosten aus? „Es stimmt“, räumt Norcia ein, „dass der Mülltarif in Meran höher ist als in den umliegenden Dörfern.“ In der Passerstadt zahlt beispielsweise eine vierköpfige Familie 240 € jährlich für die Abfalldienste, in umliegenden Dörfern die Hälfte. Allerdings beinhaltet der Jahrestarif in der Stadt auch Dienste – so etwa die Nutzung des Recyclinghofes, der fast täglich geöffnet ist, aber auch einen professionell organisierten Stadtreinigungsdienst –, welche anderswo nicht inbegriffen sind“, weiß Norcia. Zudem schneide in dieser Hinsicht Meran im Vergleich zu anderen norditalienischen Städten sehr gut ab. In ähnlich großen Städten Norditaliens bezahlt man z.T. weit mehr. Durch diese Einnahmen werden fast 100 % der Kosten, die den Stadtwerken für die Umweltdienste entstehen, gedeckt. Die Tarife legt die Stadtverwaltung fest. „Das Ziel besteht natürlich darin, die bestmögliche Dienstleistung zum bestmöglichen Preis anzubieten“, so der Präsident.
Problemstellungen und Visionen
Die Stadtwerke arbeiten kontinuierlich an neuen Strategien, um den Dienst zu verbessern. „Bereits jetzt erfolgt die Müllsammlung systematisch, d.h. am Montag leeren unsere Mitarbeiter die Papierglocken, am Dienstag wird der Restmüll eingesammelt usw.“, erklärt Pietro Norcia. Besser wäre es aber, wenn die Mitarbeiter genau wüssten, wann genau welche Glocke zu entleeren sei. Durch das Smart-City-Konzept ziele man darauf ab, ein intelligentes System zu kreieren, wodurch die Behälter in den Wertstoffinseln nur noch bei Bedarf entleert werden. „Die Glocke soll uns dann sagen: ‚Ich bin voll, bitte entleere mich!‘“, fasst es Pietro Norcia zusammen.
Bis es soweit sein wird, arbeiten die Stadtwerke daran, die bestehenden Sammelsysteme auszubauen und gemäß den Anliegen, die die Bürger vorbringen, zu verbessern. „Ungefähr die Hälfte der Meraner“, erklärt Umweltexperte Norcia, „besitzt eine Badge-Karte, mit der die Presscontainer geöffnet werden, in denen der Restmüll entsorgt wird.“ Eine Müllpresse bedient im Regelfall die Einwohner im Umkreis von ungefähr 300 Metern. Diese Sammelstellen ermöglichen es, die kleineren Müllkübel zu beseitigen und tragen dadurch zu einem ästhetisch angenehmeren Stadtbild bei. „Besonders stolz sind wir auf die unterirdische Presse am Sandplatz. Nach deren Inbetriebnahme sind rund 1000 Müllkübel von den umliegenden Straßen und Plätzen verschwunden“, erklärt Norcia.
Gleichzeitig sind die Stadtwerke auch neuen Sammelstrategien gegenüber offen. Erst kürzlich haben mehrere Meraner Bürger eine Petition für ein Tür-zu-Tür-Sammelsystem unterzeichnet. „Die Stadtverwaltung hat uns beauftragt, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen“, so Norcia.
Richtige Mülltrennung
Bei der Müllsammlung wird zwischen den verschiedenen Wertstoffen differenziert. Den gewöhnlichen Haus- bzw. Restmüll können die Bürger in den klassischen Müllkübeln oder in den genannten Müllpressen entsorgen. Mehrmals in der Woche öffnen zudem die Mini-Recyclinghöfe in den verschiedenen Stadtteilen ihre Tore, an denen Wertstoffe und Sperrmüll entsorgt werden können. Verfallene Arzneimittel können die Bürger hingegen in den Apotheken abgeben, während die Sammelstellen für gefährliche Abfälle (etwa Farben oder Lacke) einmal im Monat angeboten werden.
Eines der komplexesten Unterfangen im Umweltbereich betrifft die Plastiksammlung. Seit 1. Jänner 2018 ist der Dienst neu organisiert worden, an sechs Sammelstellen in Meran können die Bürger bestimmte Altkunststoffe abgeben. „Plastik ist deswegen problematisch, weil nur Flaschen und Behälter als qualitativ hochwertig eingestuft werden“, erklärt Pietro Norcia. „Für diesen Kunststoff können wir“, fährt der Umweltexperte fort, „die Sammelkosten komplett abdecken.“ Der gewöhnliche Kunststoff sei dagegen nur rund 15 € die Tonne wert. Damit könne man kaum die Kosten für die Sammlung decken. Aus diesem Grund finden sich in Meran auch nicht die großen Plastikglocken, die in anderen Provinzen – Bozen Stadt ausgeschlossen – üblich sind.