Wie hast du’s mit der Zweitsprache?
Im Sommer 2017 von Philipp Rossi
„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“, mit diesem knappen, prägnanten Lehrspruch erklärt der Philosoph Ludwig Wittgenstein den Grund, weshalb das Erlernen von Fremdsprachen für den Menschen so bedeutsam ist. Gerade in einem zwei- bzw. mehrsprachigen Land wie Südtirol, aber noch vielmehr in einer immer stärker globalisierten und vernetzten Welt sollte es fast schon selbstverständlich sein, sich nicht nur in der eigenen Muttersprache exzellent ausdrücken zu können. Dass wir davon allerdings noch meilenweit entfernt sind, beweist eine viel diskutierte Studie der EURAC, die ein wenig zufriedenstellendes Bild der Zweitsprachenkenntnisse der Südtiroler Schüler zeichnet.
Im Schuljahr 2014/2015 haben Sprachwissenschaftler der EURAC die Zweitsprachenkenntnisse von ungefähr 1.500 Schülern der vierten Oberschulklassen beider Sprachgruppen unter die Lupe genommen. Durch unterschiedliche Aufgabenstellungen wurden die Sprach-, Hör-, Lese- und Schreibfähigkeiten der jungen Südtiroler überprüft. Bereits sieben Jahre davor, im Schuljahr 2007/2008, hatte das Forschungsteam eine ähnliche Studie durchgeführt. Auch damals waren die Ergebnisse alles andere als zufriedenstellend.
Umso besorgniserregender erscheint es folglich, dass sich die Zweitsprachenkompetenzen der Schüler in den letzten Jahren sogar verschlechtert haben. Derzeit erreichen nur knapp 28 % der deutschsprachigen Schüler in der vierten Oberschulklasse das erforderliche Italienischniveau, 2007 waren es immerhin noch 51 % gewesen. Ihre italienischsprachigen Gleichaltrigen schneiden sogar noch schlechter ab: Gerade einmal 20 % von ihnen beherrscht die von den Lehrplänen vorgesehenen Deutschkenntnisse.
Bei diesen Ergebnissen sollten die Alarmglocken schrillen. Denn wer nicht die Sprache der jeweils anderen Volksgruppe spricht, ist dazu verdammt, in seiner „Blase“, in seiner eigenen Welt zu leben, und ein Miteinander ist schon im Vorhinein zum Scheitern verurteilt. Die Gründe für diese desaströsen Zahlen mögen unterschiedlich sein, und genauso unterschiedlich sind die Lösungsrezepte, die die Südtiroler Gesellschaft vorschlägt.