Reformen tröpfchenweise
Im Frühling 2014 von Dr. Egon Gerhard Schenk
Man hat dem neuen Ministerpräsidenten bereits den Übernamen „Mr. Bean“ gegeben. Mit seinem kumpelhaften Auftreten und seinem ewigen Grinsen hat er die Gunst Vieler gewonnen. In der Substanz unterscheidet sich Renzi aber kaum von seinem Vorgänger Letta. Versprechungen und politischer Klamauk ohne Ende. Die Zeitungen berichten über bahnbrechende Reformen, leider fehlt immer die entsprechende gesetzliche Verfügung. Es ist eher ein großes Verwirrspiel, das die Europäische Union und die Bürger beruhigen soll. Sucht man nach den umgesetzten Reformen, tut man sich schwer, im Dickicht der Berichterstattung die Gesetzesnormen zu finden. Es ist mittlerweile üblich, dass Notverordnungen erst Wochen nachdem sie von der Regierung beschlossen wurden, veröffentlicht werden und in Kraft treten.
Reform des Zeitvertrages (Notverordnung Nr. 34 vom 20.03.2014)
Die Aufnahme von neuen Mitarbeitern mit Verträgen auf Zeit wurde völlig liberalisiert. Ab 21.03.2014 können Betriebe, ohne Angabe von Gründen, neue Mitarbeiter auf Zeit anstellen. Diese Verträge können bis zu 8 Mal verlängert werden. Die Höchstdauer bleibt jedoch auf 36 Monate beschränkt. Zwischen den einzelnen Verlängerungen brauchen auch keine Pausen mehr eingehalten werden. Auf den ersten Blick müsste diese „neue Freiheit“ und Flexibilität zu einem enormen Aufnahmeschub von Jugendlichen führen, wenn da nicht eine gesetzliche Beschränkung eingeführt worden wäre, die alle Hoffnungen zunichtegemacht hätte. Denn besonders kleine und mittlere Betriebe kommen nicht in den Genuss dieser „neuen Freiheit“. Die neue Bestimmung beschränkt nämlich die Aufnahme mit Verträgen auf Zeit auf 20 % des Personalstandes. Da nützt es wenig, wenn eine spezifische Norm festlegt, dass Betriebe für bis zu 5 Mitarbeiter einen Vertrag auf Zeit abschließen können. Faktisch können Betriebe, welche bereits Mitarbeiter auf Zeit beschäftigen, kaum neue Mitarbeiter auf Zeit aufnehmen, außer es handelt sich um einen Betrieb mit einem großen Personalstand. Man kann nur hoffen, dass diese Regel bei der Umwandlung der Notverordnung in ein ordentliches Gesetz noch abgeändert wird. Sonst wird es in nächster Zeit in unseren kleinen und mittelständigen Betrieben kaum mehr Aufnahmen geben. Ein kleines Trostpflaster: Saisonarbeitsverträge, Zeitverträge bei Ersatz von Mitarbeitern (z.B. bei Krankheiten oder Mutterschaften) und Zeitverträge mit Personen über 55 Jahren sind von der obigen Grenze ausgeschlossen.
Reduzierung der Abgeltungssteuer auf Mieteinnahmen bei Mietverträgen mit Gebietsabkommen (cedolare secca) wird ab 2014 von 15 % auf 10 % reduziert (Notverordnung Nr. 47 vom 28.3.2014)
Eigentlich ist es nicht nachvollziehbar, wieso die Regierung diese Maßnahme getroffen hat. Wem soll da geholfen werden? Vielleicht den Rentnern, denen man ab 01.07.2014 die Quellensteuer auf die spärlichen Zinseinnahmen von 20 % auf 26 % erhöhen will? Man gewinnt den Eindruck, dass man mit dieser Maßnahme das große private Immobilienvermögen oder die Bauwirtschaft unterstützen wollte. Wieso sollen aber dann nur die Mietverträge mit Gebietsabkommen und nicht alle Mietverträge gefördert werden. Sicher ist, dass die Mieten durch diese extrem niedrige Besteuerung nicht sinken werden. Man hätte zumindest dafür sorgen müssen, dass die Mieten reguliert werden, und zwar auf der Basis etwa unseres Landesmietzinses bei konventionierten Wohnungen. Die Abgeltungssteuer von 10 % gilt also nur für Mietverträge, welche aufgrund der Gebietsabkommen abgeschlossen werden. Diese Verträge können bekanntlich in Südtirol nur in den Gemeinden Meran, Lana, Algund, Bozen, Leifers und Eppan abgeschlossen werden. Die Abgeltungssteuer für alle anderen Mietverträge bleibt 21 %.