Der Tod muss nicht tödlich sein
Im Herbst 2012 von Dr. Luis Fuchs
„Eines Tages wacht man auf und ist tot“, meinte Wolf Schneider, ein Publizist, der sich in Sprachangelegenheiten auskennt. Können wir als Verstorbene unseres Todes bewusst werden? Der griechische Philosoph Epikur schließt es aus: „Mit dem Tod habe ich nichts zu schaffen. Bin ich, ist er nicht. Ist er, bin ich nicht.“
Unser Sprachgebrauch ist da nicht so kategorisch, der Tod ist keineswegs immer tödlich. Es gibt Todkranke, die sich später wieder bester Gesundheit erfreuen. Auch Totgesagte leben länger, heißt es. Kopfzerbrechen bereitet uns der Tod allerdings bei der Schreibung: In zusammengesetzten Formen wird das erste Element einmal tod, ein andermal tot geschrieben.
Eine einfache Faustregel kann hier hilfreich sein. Bei Verben geht meist tot- voraus: Ein heikles Thema wird totgeschwiegen, das Publikum hat sich totgelacht, bei Gefahr können sich Käfer totstellen. Bei Adjektiven liegt man mit tod- als Erstglied eher richtig: Man fühlt sich todmüde, also zu Tode erschöpft; ihm ist todernst, so ernst, wie der Tod es ist; wer todgeweiht ist, kann dem Tode nicht mehr entrinnen. Wenn wir uns einer Sache todsicher sind, entspricht die Gewissheit der unseres Todes. Wer dagegen einer todschicken Frau begegnet, muss nicht vor Bewunderung umfallen und zu Tode kommen. Das Wort stammt nämlich aus dem französischen „tout chic“, was etwa „rundherum schick“ bedeutet.