Diät halten und Diäten beziehen
Im Frühling 2014 von Dr. Luis Fuchs
Nicht so sehr aus religiöser Überzeugung unterzieht sich derzeit so mancher Zeitgenosse einer Diät, vielmehr ist es eine gesunde Lebensweise, zu der er sich verpflichtet fühlt. Nicht die Fastenprediger erwirken eine Umstellung der Essgewohnheiten, es sind die Diätisten, die dem Ernährungsbewussten das Kalorienzählen vorschreiben.
Wie viele Frauenzeitschriften verdanken doch dem magischen Wort „Diät“ ihren lukrativen Umsatz. Im Rahmen von „Gesundheitswochen“ bietet die Athesia eine bunte Auswahl an Ratgebern für gesunde Ernährung an. Der Buchtitel „Die 5:2-Diät“ fällt besonders ins Auge: An fünf Tagen der Woche darf man essen, was einem beliebt, an zwei Tagen werden Kalorien gezählt, höchstens 500 dürfen es sein.
Das Wort „Diät“ geht auf das griechische diaita zurück, was einer „geregelten Lebensweise“ entsprach; die Bedeutung weitete sich später auf „gesunde Ernährung“ bis hin zur „Schon- und Krankenkost“ aus.
Schon bei den heidnischen Völkern wurde gefastet, auch weil gegen Ende des Winters die Vorräte aufgebraucht waren. Das Christentum hat aus dieser Not eine Tugend gemacht. Wenn mit der mittelhochdeutschen vaste das Enthalten von Speise und Trank gemeint war, so verlieh die Kirche diesem Wort zusätzlich die Bedeutung von „an Geboten festhalten“. Die vierzig Tage zwischen Aschermittwoch und Ostern entsprechen der Zeit des Fastens Jesu in der Wüste; nach seinem Vorbild sollte der gläubige Mensch im Verzichten durchhalten und sich innerlich auf das Osterfest vorbereiten. Mit seinen äußerst harten Fastengeboten ist der Brixner Bischof Kardinal Nikolaus von Cues in die Tiroler Kirchengeschichte eingegangen: Es sollte nur mehr mit Olivenöl gekocht werden. Diese weltfremde Entscheidung erzürnte die Tiroler gehörig, denn wegen der geringen Ölerzeugung ließ sie sich ja nicht durchführen.
Ganz und gar nicht ans Fasten denken die Politiker, wenn sie ihre Diäten beziehen. Gemeint sind damit die Aufwandsentschädigungen, also die Bezüge für die Tätigkeit der Abgeordneten. Dem Wort, das mit „Schonkost“ nichts zu tun hat, liegt die mittellateinische dieta zugrunde, abgeleitet vom lateinischen dies, also dem „Tag“. Mit dieta wurde ein „festgesetzter Tag“, ein „Termin“, eine „Versammlung“ bezeichnet.