eitungen
Im Sommer 2014 von Dr. Luis Fuchs
Müssen nunmehr Zeitungen Federn bzw. Buchstaben lassen? Die Lettern bröckeln ihnen ab, wie an einem Postkasten, gesehen in einer Südtiroler Berggemeinde, ersichtlich ist. Die Zeitungshäuser geben offen zu, dass ihnen seit 2009 die Leser abhandenkommen und gleichzeitig die Umsätze aus der Werbung schrumpfen. Stellt die Zeitung ein Auslaufmodell in der Medienlandschaft dar? Aber können wir uns einen Alltag ohne Zeitung vorstellen?
Die erste Zeitung wurde im Jahr 1605 in Straßburg von einem gewissen Johann Carolus als Relation aller fürnemmen und gedenckwürdigen Historien herausgegeben. Somit darf Deutschland als Ursprungsland der ersten Zeitung der Welt gelten, auch wenn sie zuerst nur als Wochenschrift verlegt wurde. In den darauf folgenden Jahrhunderten wurden die Zeitungen nach Inhalt und Gestaltung dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend aktualisiert. Noch vor 20 Jahren waren die Texte vorherrschend, die Bilder ergänzten nur die Texte und lockerten sie auf. War damals beispielsweise die Titelseite der „Dolomiten“ mit weniger als drei Bildern besetzt, so nehmen heute die Bilder mehr als die Hälfte der Seitenfläche ein.
Ebenso hat sich das Verhalten der Leser in den letzten Jahren grundlegend verändert. Es gibt kaum noch Personen, die eine Zeitung von vorne bis hinten durchstöbern; eine Ausnahme bilden höchstens Rentner, die über viel Zeit verfügen und diese auch zum Zeitunglesen nutzen. Durchwegs überfliegen Leser die Seiten, lesen Texte nur an, schauen sich Bilder und Überschriften kurz an; sie lesen einen Artikel nur zu Ende, wenn er ihr Interesse anspricht.
Studien haben ergeben, dass gerade mal 6 Prozent der Texte einer Tageszeitung gelesen werden. Was motiviert Redakteure weiterhin Texte zu verfassen, wenn 94 Prozent der Informationen ungelesen bleiben? Im Bereich der Informationsmedien hat sich der Medienkonsum von den Printmedien hin zu digitalen Angeboten stark verlagert. Bereits um die Jahrhundertwende überstieg die Zahl der Internetnutzer weltweit die Zahl der Zeitungskäufer. Der Medienexperte Thomas Schröder hat ermittelt, dass wir für die Lektüre der Zeitung im Durchschnitt pro Tag weniger als eine halbe Stunde aufwenden, für die Nutzung des Internets nehmen wir uns bereits 80 Minuten Zeit. Gerade Jugendliche ziehen es vor, durch Zeitungen und Magazine online über mobile Bildschirme zu „scrollen“. Allerdings setzen die digitalisierten Medien vorwiegend auf die Wirkung der Bilder, die Schriftzeichen werden verdrängt und behaupten sich vielfach nur mehr als Bildunterschriften. Werden wir also in absehbarer Zukunft ohne Zeitung das Frühstück einnehmen? So etwa wie Eugen Roth die Entzugserscheinung eines „Weltflüchtigen“ auf den Punkt bringt: