Geiz ist geil
Im Herbst 2014 von Dr. Luis Fuchs
„Das Flackern und Flimmern der Fackeln flutet die feuchtkalte Finsternis vor dem Bahnhofsgebäude am Brenner“. Mit gekonnt poetischer Wortwahl verstand es der Redakteur der „Z“ über die Protestaktion gegen das geplante Flüchtlingszentrum zu berichten. Die Dramatik des Flüchtlingsalltags dürfte alles eher als zu Poesie anregen. Immerhin findet es der Journalist der Mühe wert, über die Demonstration nicht einfach nur in prosaischer Manier zu berichten, er bedient sich eines rhetorischen Schmuckelementes, der Alliteration. Sie ist ein literarisches Stilmittel, bei dem in einer Wortfolge benachbarte Wörter den gleichen Anfangslaut aufweisen.
Aus unserer Kindheit in Erinnerung geblieben ist uns wohl der Satz: „Fischers Fritz fischt frische Fische, frische Fische fischt Fischer Fritz.“ Es handelt sich dabei um einen Zungenbrecher, bei dem durch die ständige Wiederholung einzelner Silben die Aussprache erschwert wird. Auf Alliteration beruhen ebenfalls Kinderreime wie „Zwischen zwei Zwetschgenzweigen zwitschern zwei Zeisige“. Der Alliteration als Klangfigur begegnen wir auch mitunter im Lied, beispielsweise im „Röslein, Röslein, Röslein rot“. Dasselbe Stilmittel kommt auch häufig in der Werbung zum Einsatz. „Milch macht müde Männer munter“ lautete ein Werbeslogan der westdeutschen Milchwirtschaft.
Wenn früher eine Veranstaltung mit dem Motto „Spiel, Spaß und Spannung“ auf sich aufmerksam machte, wenn möglich mit viel Schaum, weil „Frisch vom Fass“, so wirbt man heute eher mit „Fit for Fun“. „Pleiten, Pech und Pannen“, die in 150 Folgen ausgestrahlte und somit eine der erfolgreichsten Fernsehsendungen der ARD, kehrt ab Dezember zurück auf den Bildschirm. „Winterwanderwege durch Wiesen und Wälder“ sollen uns ins Skigebiet Reinswald locken. Jedoch wer weiß, wie's Wetter im Winter wird?
„Marlboro“ wirbt mit dem Spruch „Veni, vidi, vici“ auf den Zigarettenpackungen. „Ich kam, sah, siegte“, soll Cäsar seinen schnell errungenen Sieg gegen den König Pharnakes in Kleinasien nach Rom gemeldet haben. Soll mit diesem Werbespot dem Konsumenten vorgegaukelt werden, dass er mit dem Genuss der Marlboro-Zigarette den „schnellen Erfolg“ mit inhaliert? Oder ist es etwa so zu verstehen, dass der Lungenkrebs kam, sah und siegte?