Lateinische Wortspenden
Im Frühling 2009 von Dr. Luis Fuchs
Arbeo, dem kürzlich in Untermais ein Denkmal errichtet wurde, lebte in einer Zeit, da schriftliche Aufzeichnungen fast ausschließlich in lateinischer Sprache verfasst wurden. Mit der Christianisierung war das Lateinische zu den Bajuwaren und überhaupt zu den Germanen gekommen.
Wie müssen die Germanen gehaust haben, wenn sie zum Hausbau die Verwendung von Kalk, Mörtel und Ziegel noch nicht kannten? Von den Römern erst übernahmen sie die fortgeschrittenen Techniken der Baukunst und damit die Materialien calx (Kalk), mortarium (Mörtel) und tegula (Ziegel). Was ursprünglich ein Windauge war, also ein einfacher Rauchabzug – es lebt noch im englischen window weiter – wurde von der lateinischen fenestra abgelöst und blieb bei uns fortan das Fenster.
So übernahmen die Germanen nicht wenige Begriffe, die uns heute noch als Lehnwörter in der Alltagssprache erhalten geblieben sind. Man staune: Über 500 lateinische Wörter gehören zu unserem Kernwortschatz.
Nicht weniger verwunderlich ist, dass lateinische Wörter sogar in unserem Dialekt verborgen weiter leben. So steckt in der bayrischen Brezel das lateinische bracchiolum, was Ärmchen, hier übereinandergeschlagene, bedeutet. Ähnlich rührt die Pratze von bracchium her. Fleisch wird mit feuchtem, daher stark rauchendem Weidenholz gselcht: das Wort ist von der salix, der Weide entlehnt. Zu diesem Zweck muss man inkentn, die Römer sagten dazu accendere: Sie sprachen von scindere, wenn sie Schindeln aus dem Holz spalteten.