Noch lang oder nicht mehr lange?
Im Herbst 2011 von Dr. Luis Fuchs
Politiker, Journalisten und auch Bürger fragen sich, ob der Landeshauptmann Luis Durnwalder die Zügel der Südtiroler Politik noch lang oder nicht mehr lange halten wird. Unser Langzeitpolitiker ist sich anscheinend selbst noch nicht ganz im Klaren. Dauert das lange Warten den Kronprinzen etwa zu lange oder zu lang? Genau genommen zu lange und nicht zu lang.
Hier gilt es zu unterscheiden: Das eine ist der Begriff der Zeit, das andere der der Länge. Es wird noch lange dauern bis zur Fertigstellung der Nordwestumfahrung. Mit lange anhaltendem Beifall wurde die „Junge Deutsche Philharmonie“ bedacht; der Beifall zog sich also zeitlich in die Länge. Lange ist hier eine genauere Bestimmung der Satzaussage, ist als Adverb verwendet: Er hat wieder lange gearbeitet, es dauert noch lange bis zum Urlaub, er muss noch lange auf die Rente warten, die Sitzung dauerte lange, ein lange gehegter Wunsch ging in Erfüllung. „Lang’ lang’ ist’s her“, darf sich nur der Dichter erlauben zu schreiben, allerdings mit Apostroph.
„Es wird nicht mehr lang dauern“, versucht der Kellner die Gäste zu vertrösten; er verkürzt das „lange“ um das „e“, was die Wartezeit keineswegs vermindert. Auch bei anderen Wörtern verschluckt man gerne das „Schluss-e“. So sagt man: „Heut werd ich schon zeitig zu Haus sein.“ Ebenso ist im Wetterbericht der Himmel nur noch trüb, statt trübe.
Vom lange unterscheidet sich lang als ein Eigenschaftswort und bestimmt ein Hauptwort genauer: Die Autokolonne ist zehn Kilometer lang, die Präsidentengattin trug ein langes Abendkleid, die Zeremonie dauerte zwei Stunden lang.