Schönreden
Im Herbst 2010 von Dr. Luis Fuchs
„Synergien nutzen“ lautet die Zauberformel, mit der uns der Landesrat Widmann den Abbau von 500 Stellen in der Landesverwaltung einsichtig machen will. „Die Bildungslandschaft neu zu zeichnen“ hat sich die Landesrätin Kasslatter Mur vorgenommen, sie meint damit nichts anderes als die Schulreform in Angriff zu nehmen, wobei auch hier Sparen durch Zusammenlegen als erklärtes Ziel gesetzt wird.
Um die Bevölkerung durch unangenehme Eingriffe nicht vor den Kopf zu stoßen, verschleiern unsere Eliten ihre Schachzüge mit Schöngerede und Wortverdrehungen. Was lästig oder schmerzhaft ist, lässt sich mit Hüllwörtern zumindest verschleiern. Wenn viele Menschen weniger kaufen können, weil ihr Einkommen gesunken ist, deutet man das als freiwillige Kaufzurückhaltung. Stellenabbau und Entlassung werden von Betrieben als Personalfreistellung und Sanierung des Betriebes verkauft. Arme werden nicht mehr als solche bezeichnet, sie werden zu Geringverdienern und Sozialschwachen umbenannt. Obdachlose heißen jetzt Nichtsesshafte. Wie sich mit der Zeit vieles ändert: Sesshaftigkeit war anno dazumal höchst erwünscht, ganz im Gegensatz zu einem meist unumgänglichen Nomadendasein. Jetzt aber ist Mobilität ein gelobtes Zauberwort der globalisierten Marktwirtschaft.
Mit Hilfe der Sprachverschönerung ist es gelungen, negativ belastete Wörter allmählich gegen positiv bewertete einzutauschen. Molligen Personen wird zugestanden, schlank zu sein, nämlich vollschlank. Wer durch Übergewicht auffällt, der kann, ästhetisch aufgewertet, als Rubensfigur auftreten. Das Attribut „dick“ verpasst man keinem fettleibigen Mitbürger mehr, er ist einfach nur korpulent. Bei physischer Überaktivität schwitzt er gar nicht, er transpiriert nur.