Schweigen - die Muttersprache des Weisen.
Im Sommer 2013 von Dr. Luis Fuchs
Auf der Penaudalm oberhalb Karthaus werden die Gäste mit einem schlichten Hinweis angehalten, das Mobiltelefon nicht zu gebrauchen, weil es eh nicht funktioniert. Die Wanderer wissen es zu schätzen, sich ungestört unterhalten zu können und statt des entnervenden Handy-Gedudels das beruhigende Schellen der friedlich äsenden Rinder zu vernehmen.
Wer glaubt, auch noch auf der Alm „online“ sein zu müssen, hat hier nichts zu suchen, weil er da auch nichts verloren hat. Es gibt auch Zeitgenossen, die zeitweise nicht erreichbar sind und dadurch deutlich zu verstehen geben, sie möchten in Ruhe gelassen werden. „Wenn einer nicht mehr mit dir redet, dann will er damit etwas sagen“, bringt es der deutsche Publizist Joachim Panten auf den Punkt.
„Man kann nicht nicht kommunizieren“, beteuert Paul Watzlawick, der bekannte Professor für Psychotherapie; wir müssten gar nicht etwas sagen, um zu kommunizieren, jedes Schweigen sei „beredt“ und stelle eine Nachricht dar. Als Beispiel führt er eine Frau im Wartezimmer eines Arztes an, die die ganze Zeit nur auf den Boden starrt und damit den anderen Wartenden mitteilt, dass sie keinerlei Kontakt möchte.
Nicht ohne Schweigen können wir uns bei liturgischen Feiern in Andacht sammeln oder uns im Konzertsaal von der Magie der Töne bezaubern lassen. Wir erleben Situationen, wo wir schon etwas zu sagen hätten, aber uns einfach die Worte fehlen, wo Schweigen mehr aussagt als jedes Wort.
Schweigen kann als wirksames rhetorisches Mittel eingesetzt werden, um die Aufmerksamkeit der Hörer auf sich zu lenken. Wer sich nicht kompromittieren will, setzt aufs Schweigen; Schweigen sei ein Argument, meinte Heinrich Böll, das kaum zu widerlegen sei.