Tunnelblick
Im Sommer 2013 von Dr. Luis Fuchs
„Rund 24.000 Fahrzeuge pro Tag sollen laut Prognose 2026 durch den ersten Abschnitt des Tunnels rollen“, lesen wir in der letzten Ausgabe der „Meraner Nachrichten“. Die baldige Fertigstellung der Tunnel-Verbindung von der MeBo zum Bahnhof wird angekündigt. Bis wir durch den Tunnel unter der Stadt und dem Küchelberg ins Passeiertal gelangen, wird noch sehr viel Wasser von dort in die Etsch fließen. Auch die Bewohner von Forst fordern vehement eine Verlegung des Verkehrsflusses Richtung Töll in den Marlinger Berg. Wenn wir uns in Zukunft den Luxus leisten, mit eigenem Fahrzeug im Burggrafenamt unterwegs zu sein, werden wir allerdings auf den Anblick der landschaftlichen Reize verzichten müssen, wir werden wortwörtlich die Erdäpfel von unten zu sehen bekommen.
Unsere Mobilitätsansprüche erfordern einfach die Tunnel. Oder die Tunnels? Wenn sich hier Zweifel einstellen, sind sie durchaus verständlich. Doch es gilt ganz einfach: Beide Mehrzahlformen sind richtig.
Die Bezeichnung Tunnel wurde von den Deutschen aus dem Englischen entlehnt, angeblich als zwischen Leipzig und Dresden der erste deutsche Tunnel gebaut wurde. Aber auch nicht die Engländer waren die Urheber dieses Wortes, sie übernahmen es vom französischen tonnelle, welches durchschreitbare, schattige Gartenlauben in den Parks der französischen Schlösser bezeichnete. Dieses tonnelle seinerseits stammt vom tonne ab, dem französischen Begriff für ein spezielles, großes Fass. Von diesem Fass wiederum leitet sich wegen seines Inhalts von ca. 1.000 Litern die Maßeinheit Tonne mit den 1.000 kg ab.
Im südlichen deutschen Sprachraum, besonders in der Schweiz und in Südtirol, ist vereinzelt noch das Tunell anzutreffen mit der typisch französischen Endbetonung. Dieses Tunell weist auch eine eigene Mehrzahl auf, nämlich die Tunelle. In der Schreibung, im Geschlecht und in der Aussprache unterscheidet sich also das Tunell wesentlich vom heute geläufigeren Tunnel mit der Betonung auf der ersten Silbe.