Zum Verwechseln ähnlich
Im Frühling 2013 von Dr. Luis Fuchs
„Giorgio Napolitano hat sich vor allem als geschickter Mittler zwischen ideologischen Welten und politischen Parteien einen Namen gemacht“, führte das Tagblatt der Südtiroler als einen der Gründe für seine Wiederwahl an. Ideologien richten sich zwar auch an Idealen aus, die haben sich im Polit-Theater Italiens wohl längst verflüchtigt. Als vorbildlich und mustergültig stellen wir uns etwas vor, das wir als ideal bezeichnen. Weil er auf der Rennstrecke die Ideallinie abfuhr, konnte Dominik Paris mit Bestzeiten auftrumpfen. Ebenso vom griechischen „idéa“ leitet sich das Adjektiv ideell ab; das Geistige versteht man im Gegensatz zum Konkreten als etwas Ideelles. Ein Möbelstück ist vielleicht nicht gerade wertvoll, aber als Erbstück kann es für mich einen ideellen Wert darstellen.
Besonderes Augenmerk müssen wir auf die Adjektive mit den Endungen „-al“ und „-ell“ werfen, weil sie in Klang und Bedeutung sehr ähnlich sind. Worin liegt beispielsweise der Unterschied zwischen rational und rationell? Beiden Wörtern zugrunde liegt das lateinische „ratio“, was Vernunft bedeutet. Rational ist, was der Vernunft entspricht, verstandesmäßig und begrifflich fassbar ist. Die fragwürdige Begabung „Hellsehen“ ist mit rationalen Mitteln nicht zu erfassen. Ebenso gehören religiöse Erscheinungen und Wunderheilungen in den Bereich des Irrationalen. Wir können an solche Phänomene glauben, sie aber nicht mit dem Verstand begreifen oder erklären. Demgegenüber ist rationell kein Begriff der Philosophie, er betrifft den praktischen Alltag. Wir sollten rationell, also zweckmäßig und sparsam, mit unseren Kräften umgehen und die Zeit einteilen. Wenn Arbeitsplätze wegrationalisiert werden, ist dies weniger auf rationale Überlegungen als auf rationelles Wirtschaften zurückzuführen.
Die Wörter formal und formell ähneln sich im Wortklang sehr. Mit der rechtlich formalen Gleichstellung von Frau und Mann wurde bisher die Lohngleichheit keineswegs erzielt. Auch formell bedeutet „auf die Form bezogen“, allerdings auf die Umgangsformen. „Der Präsident war von formeller Höflichkeit“, berichtete der Reporter vom Staatsempfang, das heißt: Er war kühl, reserviert, aber keine Spur unhöflich.