Apokalypse
Lesezeit: 3 minIm Frühling 2011 von Martina Niederkofler
Die Hiobsbotschaften aus Japan überschlagen sich geradezu. Erst erreicht uns die Nachricht von dem verheerenden Erdbeben, dann wird uns von der vernichtenden Flutwelle berichtet, dann der Schnee und die Kälte und kurz darauf kommt die Information über die beschädigten Atomkraftwerke und nun spricht man gar vom Super-GAU.
Durch Fernsehen und Internet wird uns das wachsende Ausmaß dieser Katastrophe auch hier in Europa drastisch vor Augen geführt. Die Ereignisse in Japan stellen jetzt sogar die grausamen Vorgänge in Libyen in den Schatten, die noch bis vor wenigen Tagen die Schlagzeilen beherrscht haben.
Auf unserer Welt herrschen apokalyptische Zustände!
Ich bin zutiefst betroffen von all dem. Immer wieder gehen jetzt meine Gedanken zu den leidgeprüften Menschen, die mein tiefstes Mitgefühl haben. Es drängt mich, etwas zu tun. Aktiv zu werden – jetzt zu helfen. Und im nächsten Augenblick erfahre ich mich hilflos. Das einzige, was ich jetzt tun kann, will ich gerne tun: beten und spenden.
Vielleicht kann uns die Geschichte von den beiden Brüdern dazu einen Anstoß geben.
Zwei Brüder wohnten einst auf dem Berg Morija. Der Jüngere war verheiratet und hatte Kinder, der Ältere war unverheiratet und allein. Die beiden Brüder arbeiteten zusammen, pflügten das Feld zusammen und streuten zusammen den Samen aus. Zur Zeit der Ernte brachten sie das Getreide ein und teilten die Garben in zwei gleich große Stöße, für jeden einen Stoß Garben. Als es Nacht geworden war, legte sich jeder der beiden Brüder bei seinen Garben nieder, um zu schlafen.
Der Ältere aber konnte keine Ruhe finden und sprach in seinem Herzen: „Mein Bruder hat eine Familie, ich dagegen bin allein und ohne Kinder, und doch habe ich gleich viele Garben genommen wie er. Das ist nicht recht.“ Er stand auf, nahm von seinen Garben und schichtete sie heimlich und leise zu den Garben seines Bruders. Dann legte er sich wieder hin und schlief ein. In der gleichen Nacht nun, geraume Zeit später, erwachte der Jüngere. Auch er musste an seinen Bruder denken und sprach in seinem Herzen: „Mein Bruder ist allein und hat keine Kinder. Wer wird in seinen alten Tagen für ihn sorgen?“ Und er stand auf, nahm von seinen Garben und trug sie heimlich und leise hinüber zum Stoß des Älteren.