Eine unbequeme Persönlichkeit
Im Winter 2017 von Robert Prenner
Nicht bloß aus kirchlicher Sicht ist es wohl eines der wichtigsten Ereignisse dieses neuen Jahres: Am 18. März wird Josef Mayr-Nusser in Bozen selig gesprochen. Mayr-Nusser ist eine unbequeme Persönlichkeit: Er fordert heraus, man muss Stellung beziehen. Es ist leicht, sich großer Persönlichkeiten zu erinnern, die nicht umstritten sind, wie die eines Andreas Hofer. Schwieriger ist es, an die Zeit des Nationalsozialismus zu erinnern. Es wäre grundfalsch, die Menschen von damals zu verurteilen, die mitgetan haben oder mittun mussten. Wir erkennen aber immer klarer, wie richtig jene gehandelt haben, die nicht mitmachten.
Dazu gehörte auch Josef Mayr-Nusser. Er hat sich bekanntlich aufgrund seiner religiösen Überzeugung geweigert, den SS-Eid auf Adolf Hitler zu leisten. Deshalb wurde er zum Tode durch Erschießen verurteilt. Zur Vollstreckung des Urteils sollte er in einem Viehwaggon ins Konzentrationslager Dachau gebracht werden. Der Verurteilte verstarb aber während des Transports am 24. Februar 1945 in Erlangen an Hunger und Erschöpfung.
Da stellen sich Fragen. Wieso verhielt sich Mayr-Nusser anders als seine Kameraden, die doch den Eid geleistet haben? Mayr-Nusser war schon sehr früh genau informiert über das wahre Gesicht des Nationalsozialismus. Daher fühlte er sich im Gewissen verpflichtet, diesen letzten Schritt zu tun. Außerdem ist seine Gewissensentscheidung eine Folge seines ganzen christlichen Lebens. Es war geprägt durch den sozialen Einsatz im Dienste der Jugend und der Caritas. Auch war Mayr-Nusser kein ,,Drückeberger“. Das zeigt schon die Tatsache, dass er 1931 den Eid beim italienischen Militär geleistet hat.
Nicht verstehen können außerdem viele, dass Mayr-Nusser Frau und Kind durch sein Verhalten im Stich ließ. War das nicht irgendwie verantwortungslos? Da ist aber auch eine andere Frage angebracht: Wäre es besser gewesen, als SS-Mann viele Väter umzubringen und dadurch ganze Familien zu zerstören? Außerdem stand Hildegard, die Frau Mayr-Nussers, ganz hinter der Entscheidung ihres Gatten, wie viele Briefe beweisen.