Hallo Luther!
Im Herbst 2011 von Martin Burgenmeister
Vor wenigen Tagen war wieder Reformationstag. In Südtirol ist das wenig im Bewusstsein. Aber manche Menschen erinnern sich doch am 31. Oktober: Ach ja, an diesem Tag hat Luther seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche genagelt, und zwar im Jahr 1517.
Inzwischen nähern wir uns dem 500. Jahrestag dieses Auftakts für die Reformation des 16. Jahrhunderts. Beauftragte der Evangelischen Kirchen für das Reformationsjubiläum 2017 rühren schon fleißig die Werbetrommeln. Dabei ist unter anderem der nette kleine Stempel entstanden, der aufmerksam machen soll auf den 31. Oktober, den Gedenktag der Reformation.
Was soll das hier im Land Südtirol, das sich immer noch als „gut katholisches Land“ versteht? Ich wage es, einen kleinen Traum zu träumen: Vielleicht ist es möglich, dass katholische Christen in Martin Luther nicht mehr zuerst den Kirchenspalter sehen, sondern – wie Papst Benedikt XVI. in Erfurt – den christlichen Eifer des Reformators anerkennen. Die Äußerungen des Papstes könnten eine unbefangene und vorurteilsfreie Wahrnehmung dieses bedeutenden Christen fördern, dessen Gedanken in vielem wegweisend sein können für alle Christen.
Vielleicht ist es dann auch möglich, dass wir Evangelischen sagen: Wir achten den Einsatz des Oberhirten der römisch-katholischen Kirche für eine neue Ernsthaftigkeit des Glaubens und lassen noch deutlicher ab von der lutherischen Verurteilung des Papstes als des „Antichrist zu Rom“.
Vielleicht kann ja ein Prozess in Gang kommen, der darin mündet, dass die Römisch-katholische Kirche und die Evangelischen Kirchen noch deutlicher und offizieller als bisher die gegenseitigen Verurteilungen aufheben. Was wäre das für ein Zeichen, wenn Rom offiziell den über Luther verhängten Kirchenbann aufheben würde?