Waale in Mais
Lebensadern für Obst- und Weinbau
Von Dr. Walter Egger
Auf dem nach Süden und Westen offenen, sonnigen Gelände von Mais hat man schon früh mit dem Bau von künstlichen Bewässerungsanlagen begonnen, um die Ernteerträge in den regelmäßig wiederkehrenden sommerlichen Trockenzeiten zu erhöhen. Das Fortleben romanischer Bezeichnungen in unserem Bewässerungswesen weist auf die Römer zurück, die große Erfahrung im Bau von Wasserleitungen mitbrachten und so dazu beitrugen, die damaligen Anla-gen zu verbessern und weiter zu verbreiten; so soll z.B. der Fachausdruck „Waale“ vom lateinischen „aquale“ abstammen.
Die erste urkundliche Erwähnung eines Wasserrechts stammt aus dem Jahre 1227, als Graf Ulrich von Ulten sein Was-serbezugsrecht aus dem Rametzbach (= Naifbach) dem Kloster Steingaden zur Bewässerung von Gütern in Hagenach (= Hagen) schenkte.
Aus den späteren Urkunden kennen wir zwei Waale, die ihr Wasser aus dem Naifbach beziehen: der Naifwaal und der Kriegwaal.
Der Naifwaal
Er wird beim Haus Thaler hinter dem Einsiedler gefasst und nimmt im Sommer das Wasser des gesamten Naifbaches auf. Bei der Pfingschplatt teilt er sich in zwei Arme, um einerseits Richtung Oberhaslerhof und anderseits Richtung Hendlerhof weiterzufließen.
Freilich haben auch hier neue Bewässerungstechniken althergebrachte Arbeitsweisen verändert. So wird heute an drei Stellen das Wasser-Wasser in Beregnungsleitungen eingekehrt, die es in einem verzweigten Rohrsystem ohne nennenswerte Verluste den Obst- und Weingütern zubringen.
Der Kriegwaal
Im Naifer Bachbett oberhalb der Rametzbrücke wird der Kriegwaal eingekehrt; er bezieht sein Wasser vor allem aus mehreren kleinen Quellen, die zwischen der Einsiedelkapelle und dem Hendlerhof in das Bachbett einfließen. Die Überlieferung leitet den Namen von „kriegen“ ab im Sinne von „bekommen oder erlangen“.
Der Waal nimmt demnach soviel Wasser auf, als er „kriegen oder bekommen“ kann.
Bekannter als diese beiden sind jedoch die drei Waale, die ihr Wasser von der Passer abzweigen und in weitem Bogen mit geringem Gefälle um den Maiser Schwemmkegel herumführen, wobei sie teilweise auch stark besiedelte Wohnge-biete queren.
Der Obermaiser Tragwaal
Der Obermaiser Tragwaal oder Neuwaal, der bei Saltaus von der Passer abgeleitett wird, verläuft auf der Höhe der Höfe Sonnwend, Becksteiner, Tannhart, Schloss Planta, Pröfinger, Krippler, Bauhofer, Grieser, schließlich überquert er den Naifbach, um St. Valentin und Trauttmansdorff zu erreichen.
Der Steig, der den großteils noch im ursprünglichen Zustand erhaltenen Waal von Schloss Planta bis Saltaus begleitet, ist ein beliebter Wanderweg.
Der Obere Untermaiser Mühlwaal
Der Obere Untermaiser Mühlwaal wird beim Grannersteg bei Riffian von der Passer eingekehrt, er fließt unterhalb Ofenbauer, Lochbauer und Malpertaus vorbei, folgt dem Lazagsteig, der aus dem einstigen Waalsteig entstanden ist. Der Wasserlauf führt dann unter der ehemaligen Georgenmühle und unter dem Schulhof der Georgenschule hindurch, bildet auf der Höhe des Winkelweges die alte Grenze zwischen Obermais und Untermais, unterquert beim "Wiesenheim" den Naifbach, berührt die Güter des Bergerhofes und mündet schließlich in den Naifbach.
Der Untere Untermaiser Mühlwaal
Bei der Postbrücke in Meran wird der untere Untermaiser Mühlwaal gefasst, dessen Einkehrkanal die Ufermauer bis zur Garibaldistraße begleitet, dort biegt das Wasser links ab und fließt unterirdisch gegen Untermais zur "Stamser Mühle" in der Romstraße, dann weiter durch die Harmoniestraße, westlich an der Untermaiser Grund - schule und der Pfarrkirche vorbei bis zum Friedhof, beim Pichlmair zweigt der Angerwaal ab, der die Wohnsiedlung am Vigilplatz unterirdisch durchfließt und in den Auen endet, während der Mühlwaal im weiteren Verlauf nahe der Romstraße die noch unverbauten Obstwiesen erreicht, den Naifbach unterquert und letztlich sein Restwasser eben diesem Bach übergibt.
Der Name „Mühlwaal“ oder „Mühlbach“ drückt schon deutlich aus, dass die beiden Untermaiser Waale nicht nur der Bewässerung, sondern auch gewerblichen Zwecken dienten. Mit der Wasserkraft wurden vor allem Mühlen, aber auch Sägewerke und die schweren Hämmer und Schleifsteine der Schmiedewerkstätten angetrieben. Nicht zuletzt diente der Mühlbach den Hausfrauen und Wäscherinnen zum „Schwänzen“ der Wäsche, hauptsächlich der größeren Stücke.
Ein besonderer Zweck aus jüngster Zeit: Durch eine Umleitung speist heute der Mühlbach mit seinem sauerstoffreichen Passerwasser den neuen Teich im Thermenpark.
Der Greitenwaal
Zu erwähnen bleibt noch der fast durchwegs unterirdisch verlaufende Greitenwaal, der oberhalb der Theaterbrücke seine Einkehr hat. Sein unsichtbares Gerinne führt beim Meranerhof vorbei Richtung Marlinger Steig und Pferderennplatz.