Flurnamen - Quellen historischer Forschung
Teil 9 - Obermais
Im Frühling 2010 von Dr. Johannes Ortner
Die Bedeutung der Namen der Höfe und Fluren ist eine der wichtigsten Quellen historischer Forschung eines Landstrichs. Außerdem stellt die Pflege und Weitergabe des Namenguts für eine Gemeinschaft einen bedeutenden, die Identität stiftenden Faktor dar.
Als Quelle dienen die in mündlichen Gesprächen abgefragten Namen (Flurnamensammlung Südtirol, die am Landesarchiv in Bozen einsehbar ist), das Werk „Die Hofnamen im Burggrafenamt und in den angrenzenden Gebieten“ des verdienten Hofnamenforschers Josef Tarneller, sowie das Tiroler Ortsnamenbuch von Karl Finsterwalder (als Schlern-Schriften in drei Bänden erschienen).
Abkürzung:
mda. (= mundartlich)
- Überqueren wir den Brunnenplatz und folgen wir der Langen Gasse (heute Dantestraße) bis hin zur Einmündung der Schafferstraße beim früheren Parkhotel bzw. Villa Warmegg. Dort befindet sich das Schloss Knillenberg, das 1513 Andreas von Knillenberg erwarb und davor Ansitz Zekolf hieß. Es könnte mit dem Hof an der Gazzen ident sein, auf dem im 12. und 13. Jh. die Herren von Mais saßen. Die heutige Dantestraße und die Fortsetzung in die Christomannosstraße muss früher Treibgasse genannt worden sein (Nagllechen an der Treibgassen), da bis ins 18. Jh. in Zusammenhang mit Knillenberg das Treibgassgut erwähnt war. Treibgassen waren öffentliche Wege, die dem Viehtrieb vom heimatlichen Stall auf die Weiden dienten.
- Winkl (Winkel): Die Bezeichnung des Obermaiser Schlosses und der Straße geht auf eine ursprüngliche Flurbezeichnung (1269 Weingart zu Winkel) zurück.
- Kugelweg, Höllenweg: An der Stelle des heutigen Pastor Angelicus befanden sich bis zur Mitte des 19. Jh. die beiden kleinen Güter (Lechen) Kugelweg und Höll (um 1800 war Höll bereits abgebrannt). 1852 wurde das Gebäude von Josef Valentin Haller, dem damaligen Meraner Bürgermeister erworben und 1856 zu einer der ersten Pensionsvillen (Kuglvilla) Merans bzw. Mais’ umgebaut (Quelle: Ins Licht gebaut. Die Meraner Villen, Villen-Inventar. Autorin: Anna Pixner Pertoll).
- Belege der Namen lauten: 1317 Hainrich Chugelweger, 1363 Kugelweghof, 1394 Chuonzo residens in Mays ze Kugelweg, 1684 Kuglweg und Hell so zwai Lechn. Wurde die Fortsetzung der Treibgasse nach der Christomannosstraße „Kugelweg“ genannt oder muss man an die heutige Fluggigasse denken? „Kugelgasse“ und „Kugelviertel“ gibt es als „Hodonym“ (= Straßenname) bzw. als Ortsviertelbezeichnung auch in Latsch. Kugelgassen heißen häufig üble Feldwege, auf dem der Wagen leicht umfällt, eben „kugelt“, so der Verfasser des Wörterbuchs der Tiroler Mundarten, Joseph Schatz.
- Kreuzweg: Nach Treibgasse und Kugelweg ein dritter historischer Wegname in Obermais: An Stelle des heutigen Hauses Liechtenegg an der Weggabelung Reichenbachgasse, Leichtergasse und Schennastraße befand sich das bereits 1394 (bonum am kräuzweg) erwähnte Gut Kreuzweg.
- Plantitsch (Plantitsch): Heute Hotel an der Dantestraße, geht der Hofname Plantitsch auf einen alten Flurnamen zurück: 1277 weinberg in Plantiz, 1293 Odolric de Plantice, 1317 curia (Hof) Plantitsch, 1362 Güter zu Puns und Plantitsch, 1394 vinea in inferiori Plantitsch, 1399 Hof ze Plantitsch. Die Bedeutung des Namens ist in einem romanischen *plantitsja ‘Pflanzung’ zu suchen.
- Unterhalb von Plantitsch im Bereich der Einmündung des kleinen „Feldwegs“ in den Winkelweg (Villa Hubertus, ehemalige Villa Borgfeld, nun Kondominium) liegt die Flurgegend Gstafl, ein Name, der – wie Kaufverträge belegen – bis hinauf ins 19. und 20. Jh. noch geläufig war. Um 1390 lautet der Name noch weingart Prestävel, (...) leit unter Plantitz. Vielleicht ein romanisches *pra stavolo ‘Wiese mit Heustädeln, -hütten’?
- Angrenzend an Plantitsch zwischen Valentinstraße und Pienzenau, dem Haisrainer im Norden und der Villa Parsifal im Süden befindet sich die Flurgegend Hoachhitt (Hochhütt). Ein Beleg lautet: 1534 Ull Heyberger zu Hochhut. Beim Heyberger handelt es sich um den heute nicht mehr existierenden Happergerhof (es handelt sich um das Haus stadtauswärts anschließend vom Ströber)
- In der Flurgegend Hochhütt wurde 1909 eine Villa errichtet, die den Namen Hochhütt erhielt. Da es sich im Gegensatz zu vielen repräsentativen Villen um eine sogenannte Landhausvilla handelte, wurde wohl bewusst auf einen „bodenständigen“ Flurnamen bei der Benennung der Villa geachtet.
- Dornach: Es handelt sich um die Gegend, wo die Höfe Bräuhäusl, Korber, Dorner, Tanner und Hilber liegen. Den meisten Meranern und Maisern werden die Angaben „Ex-Haflinger-Seilbahn“ bzw. „Pizzeria Tanner“ mehr sagen. Der Name setzt sich aus den Bestandteilen Dorn ‘Dornendickicht’ und dem bereits öfter erwähnten Mengensuffix ‘-ach’ zusammen und bedeutet so viel wie ‘Gegend mit Dornheckenbewuchs’, die in der Zeit der Urbarmachung der Fluren aus Brombeer- und Hagebuttenhecken bestanden haben muss. Unterhalb Dornach schließt die Flur Hagnach (heute Hagen) an, dazu aber im Abschnitt Untermais Genaueres.
- Die geschichtlichen Belege der Namenformen lauten: 1233 curtis (Hof) Dorne, 1317 Rudeger de Dornach, 1357 domus et ortus vinealis in loco Dornach iuxta curiam in Verlan ( = historischer Name der Gegend um Trauttmansdorff), 1390 curia de Dornach.
- Hilber: Hof in der Flur Dornach. 1490 daz haws in der Hülb. Althochdeutsch hülwa ‘Lacke’. Vgl. dazu das Mundartwort g’hilp ‘bewölkt, regnerisch’! Das Überschwemmungsgelände des Naifbachs wird wohl bei diesem Namen Pate gestanden haben, so auch beim Hofnamen
- Grieser (Grießer): Mda. ’s Gries ‘grobkörniges Ablagerungsmaterial in Bachnähe’. Hier kann es sich nur um eine Hofgründung auf „grießartigem“ Terrain in der Nähe des Naifbachs handeln. Historische Nennungen lauten: 1369 in praes. Jost dicti Griezzer de O. Mais, 1394 curia dicta am Gries, 1493 Lenz Griesser z(inst) von der Herrn von Griess guet, 1505 Griesserhof.