Schenken ist nicht jederManns Sache
Im Winter 2012 von Verena Maria Hesse
Haben Sie Ihre Wunschliste ans Christkind heuer schon geschrieben? Auch schon abgeschickt?
Wünschen Sie sich den neuen Duft von Versace? Den neuen Mantel von Moncler? (Tragen Sie beruhigt den alten noch eine Saison, die schauen eh alle gleich aus.) Steht in Ihrem Brief ein neues Paar Schi? Die Gold-Card für die Therme? Ein Pomellato? Ein Paar Ugg Boots? Eine Louis-Vuitton-Tasche? Ein Rimowa-Koffer? Ein neues Fahrrad? Ein Sprachkurs in England im Sommer? Eine Weiße Woche? Ein Besuch im Casino Seefeld? Ein Essen beim Hidalgo? Ein Kinobesuch mit vorangehendem Stadtbummel in der Metropole Bozen? Ein Konzertbesuch? Ein Flug ans Ende der Welt? Ein Facelifting? Eine der neuen, total leichten Daunenjacken für Outdoorsport?
Wünschen Sie sich heuer einen Gutschein bei der Kosmetikerin für French Maniküre? Hätten Sie gerne einen Geldbeutel von Porsche Design? Eine neue Ray Ban? Den Schaukelstuhl von Vitra? Neue Lammfell-Handschuhe? Ein Paar Schlittschuhe zum Rumrutschen am Thermenplatz? Ist die Waschmaschine eingegangen? Darf´s denn eine Kitchen Aid sein? Die mit Fleischwolf oder ohne? Brauchen Sie eine neue Schneeschuhausrüstung? Eine neue Überwurfdecke in Nerzpatchwork fürs Schlafzimmer? Kauft die ganze Familie sich ein neues Auto? Gibt’s eine neue Badeeinrichtung? Hätten Sie gerne ein paar neue Bücher in Ihrer Bibliothek? Ein neues Gesellschaftsspiel für lange Abende in den Weihnachtsferien?
Wünschen Sie sich artige Kinder? Gute Schulnoten? Endlich mit dem Rauchen aufhören zu können? Mehr Zeit für die Liebste? Weniger Zoff mit der Schwiegi? Gesundheit? Gehören Sie zur Fraktion, die sich nur Weltfrieden wünscht heuer? (Find ich total lobenswert, allerdings muss ich schon gestehen, dass bei mir dieser Wunsch meistens doch mit dem einen oder anderen materiellen einhergeht …)
Sie sollten Sich das mit dem Abschicken nochmal kurz überlegen und eventuell den einen oder anderen Wunsch der Liste mit einfließen lassen, falls noch Platz ist auf dem Zettel.
Wissen Sie: Sie sollten die Liste am besten vor dem Abschicken auch daheim am Esstisch herumliegen lassen, nur für den Fall, dass Ihr Mann zur Spezies der Geschenksmuffel gehört.
Schenken ist ja durchaus nicht jederManns Sache, doch man kann dem Glück ja ein wenig auf die Sprünge helfen gegebenenfalls, weil dann haben nämlich alle was davon: Der Heilige Abend verläuft doch für alle so viel besser, wenn man mit der Ausbeute zufrieden ist. Man feiert ein harmonisches Weihnachtsfest, küsst einander zum Dank, stellt sich keine Grundsatzfragen wie: Wie kann mich ein Mann lieben, der mir ein Küchengerät zu Weihnachten schenkt? Oder: Ich muss echt abscheulich kochen, wenn er mir gleich zwei Kochbücher unter den Baum legt. Oder: Bin ich echt so fett, dass er mir einen Termin bei der Ernährungsberatung spendiert? Mann ist zufrieden, Mann fühlt sich verstanden und Frau fühlt sich geschätzt – und letzten Endes ist Schenken Wertschätzung. Je wertvoller und außergewöhnlicher das Geschenk, desto mehr ist einem der Mensch nun mal Wert. Natürlich kommt es nicht minder auf den Kreativitätsfaktor an – aber es ist so, egal wie empört Sie jetzt dreinschauen mögen – wenn auch Wert ein weiter Begriff ist.
Man muss freilich immer alles in Relation betrachten, man muss immer am Boden bleiben, aber man kann sich ruhig mal ins Zeug legen zu Weihnachten, dem Fest der Liebe. Denn Sie wollen ja heuer eine Win-Win-Situation und keine langen Gesichter? Stimmt´s?