Ernährungsweisheiten
Im Winter 2009 von Dr. Elfriede Zöggeler-Gabrieli
„Hierumb so sage ich dir voran
das dir nit mer schaden kann
An deiner gesuntheit
denn zevil unmessigkeit
Darumb so fleisse dich hie bey
das dein speise und drancke sey
Alle zeitte gemessen wol
one hunger niemant essen soll“
Im Laufe der Geschichte gab es eine ganze Reihe von verschiedenartigen Vorstellungen, welche Nahrungsmittel besonders bekömmlich und Kraft spendend seien. Vieles ist dabei beachtenswert, manches ist wohl der Rubrik „Aberglauben“ zuzuordnen.
So ist überliefert, dass in der „sagenhaften Zeit“ (Ming Wong) der Alt-Chinesen Gärungsprodukte von Körnern und Gemüsesorten als hervorragende Kräftigungsmittel empfohlen wurden. Die Erfinder dieser Rezepturen sollen die Herrscher Yi Ti und Tu K’ang (um 2000 v. Chr.) gewesen sein. Bei den Chinesen gab es später (um 200 v. Chr.) aber auch magische Vorstellungen von kräftigender (und dadurch wohl lebensverlängernder) Speisen. Kaiser Sche Huang-Ti war davon so fasziniert, dass er nach einem Wundermittel durch Hellseher und Astrologen suchen ließ. Diese errechneten, dass unter den Pilzen, Farnen und Moosen bestimmter ostchinesischer Inseln zu suchen sei. Unter der Leitung von Siü Tu und Han Tschong wurden daher aufwändige Expeditionen dorthin ausgerüstet. Offenbar waren diese erfolglos, da der Kaiser die Suche danach bis zu seinem Tode nicht aufgab.
Von den Wundermittelvorstellungen sind die Asiaten wohl bis heute fasziniert, denn vom Ling-Tsche, dem „göttlichen“ Tsche-Pilz, über die sagenumwobene Überbewertung der Ginsengwurzel bis zum Reis der Makrobioten als „König aller Könige“ gibt es dafür hinweisende Beispiele.
Auch die Gladiatoren im „alten Rom“ glaubten an die magischen Speisen. Sie schworen auf gegorenen Fisch, das „Garum“, der ihnen ihre „legendäre Kraft“ erhalten haben soll. Als besonderer Kraftspender galt dabei die Muräne, ein im Mittelmeer lebender Fisch mit giftigem Biss. Dafür sprach wohl eine für die damalige Zeit typische Gedankenkette: Der giftige Biss des Fisches überträgt sich auf den Gladiator, für den dieser während des Kampfes eine Frage des Überlebens war.
Der Glaube, dass sich besondere Eigenschaften von Tieren bei deren Verzehr auf den Menschen übertragen, war in Rom tief verwurzelt, verspeiste man doch aus ähnlichen Überlegungen Nachtigallzungen, um dadurch eine schöne Stimme zu erhalten.
In Babylon nahm man die Eingeweide, die Haut, die Haare, die pulverisierten Zähne, Hörner und Klauen von wilden Tieren zu sich, um deren wilde Kraft zu bekommen.
Die römischen Legionäre wiederum vertrauten in erster Linie den Körnern, insbesondere dem Buchweizen, von dem sie Zähigkeit und Ausdauer erwarteten. Man weiß sogar, dass die römischen Legionen bei ihren Kriegszügen Handmühlen mit sich führten, um jederzeit Körner zerkleinern zu können.
Bei den alten Griechen führte beispielsweise Homer die Riesenkraft des Polyphem ebenfalls auf gewohnheitsmäßige Getreidenahrung zurück: „Der keinem vergleichbare, Schaudern erweckende Unhold, der von Getreide sich nährt.“ Dabei sei erwähnt, dass Polyphem – im Epos - aber auch sechs Gefährten des Odysseus verzehrte.
Und Diokles von Karystos (400 v. Chr.) pries die Gerste als außergewöhnlichen Kraftspender.
Nördlich der Alpen hatte es der Hafer den Germanen angetan, der sie anscheinend schwer besiegbar machte. Auch die Schotten schätzten die Kraftwirkung des Hafers im Haferschrotbrei „Crowdie“. Und ein mittelalterliches Kärntner Hafergericht, die „Talgn“, ist bezüglich seiner Kraft spendenden Wirkung zudem in einem Sprichwort verewigt: