Der Heilige Gral für die städteplanerische Zukunft
„Masterplan“ zeichnet ein erstes Bild, wie die Stadt Meran künftig aussehen soll
Seit knapp einem Jahr ranken sich um den „Masterplan“ von Meran gralsähnliche Mythen und Legenden. Die Erwartungen sind hoch – sie könnten aber bald etwas getrübt werden: Denn wie so oft, sähe jeder gerne seine Wünsche verwirklicht. In erster Linie geht es aber um Stadtplanung. Alles andere kann dann noch kommen ... vielleicht auch die „ewige Lebenskraft“ wie beim Heiligen Gral. Auf jeden Fall: Merans Gralssucher Günther Januth möchte den nunmehr fertigen „Meisterplan“ noch im März in den Gemeinderat bringen.
Schon im Vorwort des Masterplan-Entwurfes findet sich der Begriff der strukturell-strategischen Visionen, die über die politische Amtsperiode von fünf Jahren hinausgehen sollen. Gerade in Zeiten eines immer schneller werdenden Wandels verliere man zunehmend wichtige allgemeine Richtlinien aus den Augen. Der „Masterplan“ schafft diesen Rahmen, der Vorschläge unterbreitet – aber keinesfalls Verbote vorsieht. Die Ausarbeitung wurde – mittels öffentlichem Auswahlverfahren – in die Hände des namhaften Studios Benevolo aus Brescia gelegt. Von Anfang an hatte auch die Meraner Bevölkerung ein Wörtchen mitzureden: So wurde zu offenen Veranstaltungen geladen und es wurden individuelle Anhörungen durchgeführt.
Wie soll nun die künftige Entwicklung der Stadt Meran aussehen? Im entsprechenden Kapitel finden sich einige „Allgemeinplätze“, die nunmehr wissenschaftlich fundiert sind: So ist die Rede vom relativ hohen Durchschnittsalter in Meran (58 Prozent der Bevölkerung ist älter als 40 Jahre), dem hohen Ausländeranteil (17 Prozent) und der geringen Tendenz junger Familien, sich in der Stadt zu „stabilisieren“. Die Fertigungsbranche sei unzureichend und das Baugewerbe habe Schwierigkeiten – die Unternehmen seien im Durchschnitt klein. Es werde ein starker täglicher Pendelverkehr stadteinwärts und stadtauswärts verzeichnet. Und weiter: Dank „großzügiger“ öffentlicher und privater Investitionen habe das Beherbergungswesen in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erfahren.
Visionen über politische Amtsperiode hinaus
Das stark rückläufige Baugewerbe sei augenblicklich nur mit wenigen Wiedergewinnungsarbeiten beschäftigt – oder mit Arbeiten im Bereich Handel (der wesentlich geringer wachse als jener in den Nachbargemeinden). Dies bedeute, dass das unvollständig genutzte Siedlungssystem zunehmend veralte. Als herausragende Wirtschaftssektoren werden im „Meisterplan“ neben dem Tourismus auch der Transportbereich, die Nahrungsmittelproduktion (in enger Verbindung mit der Landwirtschaft) und die öffentlichen Dienstleistungen genannt. Traditionelle Sektoren haben geringe Wachstumschancen – innovative Unternehmen fehlen!
Dem Verkehrssystem wird ein „insgesamt gutes Funktionieren“ bezeugt. Die sogenannten Wohn-, Gewerbe- und Tertiärfunktionen (vor allem das Beherbergungswesen) scheinen laut Entwurf auf befriedigende Weise kombiniert und garantieren eine ausgewogene Lebensqualität. Die Struktur des Handelssystems konzentriere sich auf die Laubengasse im historischen Stadtkern – verzweigt durch zweitrangige Strukturen in den verschiedenen Zonen der Peripherie. Am Stadtrand seien aber nur wenige kommerzielle Neuansiedlungen zu finden. Zufriedenstellend erscheine auch das Verhältnis der Stadt zu seinen unmittelbar umliegenden land- und forstwirtschaftlichen Flächen – gut laufende landwirtschaftliche Betriebe gewährleisten den Anbau der Felder. Das städtische Infrastruktursystem sei ausgedehnt, quantitativ und qualitativ zufriedenstellend (auch wenn man den gesamten Meraner Großraum einbezieht).
Viel, viel mehr Stärken als Schwachstellen
Das ist mir alles nicht neu! So werden die meisten aufmerksamen Meranerinnen und Meraner diese „Prämissen“ des Studio Benevolo kommentieren. Die Fachleute geben auch zu, dass in Meran die Stärken gegenüber den kritischen Punkten und den Schwachstellen überwiegen. In einer solchen Situation bestehe die Aufgabe eines Masterplans darin, „die den Charakter bestimmenden Elemente des Stadtbilds hervorzuheben, (...) und aus diesen Angaben eine geeignete Strategie zu gewinnen, die es ermöglicht, bestimmte Ziele zu erreichen“. Als erstes strategisches Ziel wird dann sogleich genannt: eine „Stabilisierung des Stadtbildes“ erreichen, d.h. eine weitere Ausdehnung entschieden zu bremsen und sich stattdessen auf eine Verbesserung der bestehenden Strukturen zu konzentrieren.
Künftig solle nicht mehr auf eine fortschreitende städtebauliche Erweiterung, sondern auf eine komplexe Strategie gesetzt werden – eine solche, die auch eine aktive öffentliche Beteiligung vorsieht. Einige konkrete Ziele dieser Strategie: Die Neuordnung des Verkehrssystems nach dem Prinzip der Integration verschiedener Netze ist ein bereits laufender Prozess – diesen gilt es weiter zu fördern und zu perfektionieren (dabei ist auch weiterhin der übergeordnete Rahmen zu beachten). Die Fertigstellung der Nordwestumfahrung wird es ermöglichen, die Zufahrtswege der Stadt zu diversifizieren und einen alternativen ‚Bypass’ zur Stadtdurchquerung zu bieten – seine Wirksamkeit könnte darüber hinaus noch durch eine Verbindung nach Schenna intensiviert werden (so würde in der Tat ein geschlossener Verkehrsring der um die Stadt führenden Hauptstraßen entstehen).