Die mit Brettern fliegen
Skaten in Meran
Im Herbst 2011 von Thomas Kobler
In den Großstädten unserer Zeit gehören Skateboarder, BMXer oder Rollerskater zum Stadtbild wie einst die Kutschen und Pferdezüge. So drückt Skaten wohl wie keine andere Sportart das Lebensgefühl junger Menschen in der heutigen Zeit aus. Zum Betreiben bzw. Ausüben dieser Sportart braucht man kein Team, theoretisch keinen vorgegebenen Platz und keinen bestimmten Tageszeitpunkt, sondern lediglich das Board und jemanden, der dieses „bedient“.
Ein Skateboard, gelegentlich eingedeutscht auch „Rollbrett“ genannt, ist ein Brett (Deck) mit zwei Achsen (Trucks) und vier Rollen (Wheels), auf welchem man sich stehend durch Abstoßen mit einem Bein (Pushen) fortbewegen kann. Das Skateboard wird dabei nur selten als reines Fortbewegungsmittel eingesetzt. Das Skateboarden (Skaten) hat sich vielmehr im Lauf der Jahrzehnte zu einer Sportart mit einem reichen Repertoire an Kunststücken (Tricks) und einer eigenständigen Begrifflichkeit entwickelt. Die Tricks bestehen dabei meistens aus Sprüngen mit dem Skateboard und werden oft in Kombinationen mit Drehungen des Brettes und des Körpers ausgeführt. Die große Vielfalt des modernen Skatens wird durch mehrfache Kombinationen verschiedener, einzelner Tricks in einem Gesamttrick erreicht. Neben den immer schwierigeren Kombinationen von Tricks werden beim Skaten durch Sprünge immer größere Höhen und Weiten überwunden. Beliebte Hindernisse außerhalb des Skateparks sind dabei Treppenstufen oder Treppengeländer.
Wegen der weitgehend fehlenden Organisationsstruktur, seines gewollt ungeregelten Charakters und der meist relativ jungen Ausübenden wird Skateboarden häufig zu den sogenannten Freizeitsportarten gerechnet. Gegen diese Einordnung spricht jedoch neben seinen subkulturellen Verbindungen die Kontinuität des Skatens, das nunmehr seit Jahrzehnten ausgeübt wird. Skateboarden ist mit herkömmlichen Sportarten kaum vergleichbar. Es fehlt an Ligen oder Verbänden, die den Sport in kommunale, nationale oder internationale Hierarchien gliedern. Und trotzdem kümmern sich Organisationen um das Bestehen eines weltweiten Netzwerkes zur Durchführung loser Wettbewerbe. Vor allem die „X- Games“ in Kalifornien (der mit Abstand größte Wettbewerb) ist hier als bekanntestes Beispiel zu nennen. Die aus der Nutzung und „Aneignung“ des öffentlichen Raumes oftmals erwachsenden Konflikt- und Kriminalisierungserfahrungen, die ersten Ursprünge des Skatens in der Aussteigermentalität der Surfer Mitte der 1970er-Jahre in Kalifornien sowie die abgeforderte Kreativität haben das Skaten bis heute subkulturell verwurzelt.
Auch in Meran gab und gibt es eine lange Tradition für diesen hierzulande immer noch als anrüchig geltenden und gesellschaftlich wenig geschätzten Sport. Der „slaughterhouse-contest“ am alten Jungle-Skatepark war ein langjähriger Event, der Spitzenskater aus dem norditalienischen und aus dem deutschsprachigen Raum anzog. Die Struktur am alten Schlachthof ist mittlerweile aber mehr oder weniger komplett marode und kann aufgrund der nicht mehr genormten „Halfpipes“ und „Rails“ schon länger nicht mehr benutzt werden. In Bälde soll die Struktur daher abgerissen werden, auch wenn dies dem einen oder anderen etwas übertrieben erscheinen mag. Daher haben einige äußerst talentierte und engagierte junge Männer schon seit längerer Zeit keine Möglichkeit mehr, ihrem Sport zu frönen und sich deshalb irgendwann dazu entschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, um ihrem Hobby wieder nachgehen zu können. Eine stattliche Anzahl an jungen Kerlen, aber auch Mädchen, (rund 50 Skater und BMXer) haben sich mit der fachkundigen Unterstützung von Besay Meyer (selbst lange Zeit in der Skate-Szene in Meran aktiv) zusammengetan und neben einem Imagevideo, Flyern usw. auch eine Unterschriftenaktion gestartet, um die Meraner Bürger auf ihr Problem bzw. Anliegen hinzuweisen. Außerdem haben sich Skater und BMXer gemeinsam an einen Tisch gesetzt und eine Modellskatebahn entworfen, welche den Vorstellungen aller entspricht.