Meraner Apfelernte - Ein Blick über den Tellerrand
Im Herbst 2011 von Dr. Klaus Niederstätter
Es ist allgemein bekannt, dass die Obstwirtschaft in Südtirol, speziell auch im Meraner Raum, einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellt. Wer nicht in diesem Sektor tätig ist, bekommt salopp gesagt außer dem vermehrten Traktorenverkehr während der Erntezeit nicht viel mit. Die Komplexität und die Ausmaße des gesamten Gefüges dürften wohl den Wenigsten bewusst sein. Mit der anstrengenden Ernte der Äpfel beginnt der lange Weg eines sich international seit Jahrzehnten haltenden Erfolgsproduktes.
Die Obstgenossenschaft „Cafa Meran“ investierte im Jahre 2009 in neue Betriebsanlagen. Kostenpunkt: 20 Millionen Euro. Technologie auf höchstem Niveau ermöglicht schnelle und präzise Abläufe von der Anlieferung über die Zwischenlagerung und Verpackung bis hin zum Versand der Ware. Zwei Sortieranlagen, welche selbstständig Form, Größe, Farbton und etwaige Mängel der Frucht erkennen. Ein computergesteuertes Logistiksystem auf Schienen sowie zwei Hochregale von 80 Metern Länge und 19 Metern Höhe, die von „Roboterstaplern“ millimetergenau be- und entladen werden. Eine der modernsten Anlagen europaweit, wenn nicht sogar weltweit.
Stefan Mittermair, Geschäftsführer der Cafa, gewährte dem Meraner Stadtanzeiger einen etwas tieferen Ein- bzw. Ausblick rund um die Reise, welche die Äpfel nach der Ernte antreten.
Meraner Stadtanzeiger: Herr Mittermair, welche sind die Hauptaufgaben der Cafa Meran?
Stefan Mittermair: Die Hauptaufgabe liegt, wie bei allen Genossenschaften, in der bestmöglichen Vermarktung der von den Bauern angelieferten Äpfel. Zudem fand 2010 eine Neuorganisation der Vermarktung von Südtiroler Äpfeln statt, indem man für die verschiedenen Anbaugebiete im Einzugsgebiet der VOG in Terlan (Verband Südtiroler Obstgenossenschaften) Pools gebildet hat, die ein ähnliches Produkt gemeinsam auf den Markt bringen, um dem Globalisierungsdruck entgegenwirken zu können.
Stadtanzeiger: Wie viele Mitglieder zählt die Cafa Meran und wie groß ist ihr Einzugsgebiet?
Stefan Mittermair: Insgesamt haben wir ca. 350 Genossenschaftsmitglieder, wobei deren Zahl aufgrund von Hofübernahmen oder Zusammenführungen kleinerer Betriebe leicht schwankt. Die Bauern des Meraner Talkessels gehören neben Schenna und Tirol zu unseren Hauptlieferanten und stellen dementsprechend das Haupteinzugsgebiet der Genossenschaft dar.
Stadtanzeiger: Die diesjährige Bilanz? Kann man zufrieden sein?
Stefan Mittermair: Die Cafa hat heuer eine Anlieferungsmenge von 64.000 Tonnen zu verzeichnen, was einer Steigerung von ungefähr 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Etwas problematisch waren die hohen Temperaturen im August. Diese hatten bei gewissen Sorten wie Fuji oder Red Delicious eine negative Auswirkung auf die Ausfärbung. Was die Qualität und die Fruchtgrößen betrifft, können wir durchaus zufrieden sein. Von Hagelschlag sind wir heuer insgesamt relativ verschont geblieben. Lediglich einen kleinen Streifen oberhalb von Schenna in Richtung Verdins hat es stärker erwischt.
Stadtanzeiger: Apropos Hagelschlag. Raten sie zu einer Versicherung der Obstanlagen oder zur Installation von Hagelnetzen?
Stefan Mittermair: Hier muss sich jeder selbst die Rechnung machen. Bei hochpreisigen Sorten wie beispielsweise Pink Lady ist eine Anschaffung von Hagelnetzen ratsam. Andere Sorten kann man trotz kleinerer Schäden relativ gut vermarkten. Zudem bieten Versicherungen heute eine verhältnismäßig gute Abdeckung. Somit kommt man im Falle eines Hagelschlages mit einem blauen Auge davon.
Stadtanzeiger: Kommen wir zur Vermarktung. Wo werden die Meraner Äpfel hauptsächlich abgesetzt?
Stefan Mittermair: Der Pool Meran hat verschiedene Abnehmer. Im abgelaufenen Jahr wurden ca. 38 Prozent der Äpfel in Italien abgesetzt und 22 Prozent in Deutschland. Der Rest verteilt sich auf andere Destinationen, insbesondere auf Skandinavien und den Mittelmeerraum. Neben der iberischen Halbinsel werden am internationalen Markt Länder wie Ägypten oder Libyen zunehmend interessanter.
Stadtanzeiger: Spiegelt sich die vorherrschende italienische Krise auch in der Apfelwirtschaft wieder?
Stefan Mittermair: Wenn man das Jahr 2009 heranzieht, wo wir in Italien noch über 50 Prozent unserer Ernte absetzen konnten, sieht man sehr wohl, dass sich die Krise auch beim Produkt Apfel bemerkbar macht. Selbst wenn die Prognosen heuer wieder etwas besser aussehen, hat sich der italienische Markt noch nicht stabilisiert. Es ist ersichtlich, dass die Kaufkraft Italiens gesunken ist. Nichtsdestotrotz gehört der italienische Markt immer noch zu unseren Kernmärkten.
Stadtanzeiger: Wer sind ihre größten Konkurrenten?
Stefan Mittermair: Am Inlandsmarkt sind unsere Hauptkonkurrenten neben dem Vinschgau die Nonstaler Organisation Melinda und die restlichen Erzeuger aus dem Trentino.