Das Erste-Spatenstich-Foto ohne Brad Pitt
Im Herbst 2023 von Robert Asam
Brad Pitt soll in Meran gewesen sein. Frau weiß, von wem ich spreche, man(n) hingegen fragt sich, ist das nicht der, der mit der Dings, mit Angelina Jolie verheiratet war? Stimmt. Und vorher mit Jennifer Aniston. Dies nur der Vollständigkeit halber. Mit wem Brad jetzt gerade verheiratet ist, weiß ich nicht. Gesehen habe ich ihn auch nicht, dafür unsere Landesrätin Deeg in einer weißen Bluse und bodenlangem Blümchenrock beim so genannten Ersten-Spatenstich-Foto. Das Erste-Spatenstich-Foto heißt erstes Spatenstichfoto, weil der Fotograf nach dem ersten Spatenstich sofort geht und deshalb kein zweiter Spatenstich folgt. Die Spatenstecher sind deshalb immer gut gekleidet. Ob die Arbeiten in Martinsbrunn rechtzeitig fertig werden, bezweifle ich. Obwohl auch der Landeshauptmann in Anzug und Krawatte geschaufelt hat und die Bürgermeisterin von St. Martin im Jacke-Hose-Angela-Merkel-Look. Alle trugen einen weißen Bauarbeiterhelm, weil ja so viele Arbeitsunfälle passieren. Auf dem Foto in der Zeitung war außerdem keine Spur von körperlicher Anstrengung zu bemerken. Aber vielleicht mussten die Aushilfsschaufler gleich anschließend zum nächsten Fototermin, und da bleibt keine Zeit zum Umziehen. Frau Deeg habe ich jedenfalls am Abend im Fernsehen im selben Look entdeckt. Natürlich ohne Bauhelm. Auf einer Veranstaltung in der ersten Sitzreihe. Am Rocksaum klebte noch Martinsbrunner Erde. Nein, vermutlich eine optische Täuschung. Nirgendwo Brad Pitt, aber dafür hinter jedem Baum und so manchem Erdhaufen Wahlkämpfer und Wahlkämpferinnen quer durch die Parteienlandschaft. Gesehen und gesehen werden. Was bietet sich da besser an als ein Begräbnis. Wo sonst kann man in so kurzer Zeit so viele Hände schütteln. Wenn jemand schon die mühevolle Fahrt vom Wipptal über den kurvigen Jaufenpass ins hintere Passeier auf sich nimmt, soll sich das lohnen. Beileid wünschen wird man wohl noch dürfen. Ein ernster Gesichtsausdruck gehört dazu. Schließlich ist ein Begräbnis kein Wiesenfest. Aber nicht zu ernst, sonst könnte der potenzielle Wähler denken, er habe es mit einem Griesgram zu tun. Also ein Lächeln andeuten, nicht zu breit, aber freundlich. Und Optimismus ausstrahlen. Trauerfeier hin oder her. Einziger Nachteil: Ein Fotograf steht nur in Ausnahmefällen herum. Die Chancen, in die Zeitung zu kommen, stehen also schlecht. Und wenn dann auch noch, wie in Martinsbrunn, der Landeshauptmann dabei ist, landet das Foto nur im italienischen Tagblatt. Blöd gelaufen! So gesehen wäre ein Selfie mit Brad Pitt ein Glücksfall. Aber der wurde am Misurina-See gesichtet. Da kann ich in Meran lange suchen.