Drei ATRIUM-Tage

ganz im Zeichen der Geschichte von Sinich und seiner Fabrik, des Wasserkraftwerks in Marling und des Modernismus

05. Oktober 2023

ATRIUM steht für 

Architecture of Totalitarian Regimes of the 20th century In Europe's Urban Memory. Die Vereinigung ATRIUM und deren Route ist auf Wunsch des Europarats entstanden, von dem es auch gefördert wird. Ziel des Projekts ist es, sich mit den während der totalitären Regime des 20. Jahrhunderts unter anderem zu Propagandazwecken errichteten Gebäuden auseinanderzusetzen, diese zu kontextualisieren und zu erläutern. Im Mai 2022 hat der Kulturverein Die Zeitfabrik in Zusammenarbeit mit ATRIUM und der Stadt Meran das Buch „Less is more – Meraner Moderne“ herausgebracht, das sich auf der Grundlage von Archivrecherchen mit dem historischen Kontext und der Meraner Architektur der Jahre 1920 bis 1940 im öffentlichen, sportlichen, religiösen und privaten Bereich befasst und als Leitfaden für all jene dient, die diese europäische Route zurücklegen möchten und Interesse an den Gebäuden der einzelnen Etappen haben. Nun hat Die Zeitfabrik in Zusammenarbeit mit der Stadt Meran, mit ATRIUM, der Landesabteilung 15.1 und dank der Verfügbarkeit von Alperia und REM TEC drei „ATRIUM-Tage“ organisiert und bietet der Öffentlichkeit die Möglichkeit, am 7. Oktober um 15:00 Uhr die ehemalige Montecatini-Fabrik in Sinich, das Dopolavoro-Gebäude und die Siedlung Borgo Vittoria und am 14. Oktober um 15:00 und 16:00 Uhr das Wasserkraftwerk Marling zu besuchen. Der Abend im Palais Mamming am 19. Oktober um 20:00 Uhr ist hingegen ganz der Kunst der Moderne und der Vereinigung ATRIUM gewidmet. Die Führungen sind dank der großzügigen Bereitschaft von REM-TEC und Alperia möglich, die die ehemalige Montecatini-Fabrik bzw. das Kraftwerk Marling zu diesem Anlass für die Öffentlichkeit zugänglich machen.
 

Die Pläne der Gesellschaft Montecatini für eine flächendeckende Elektrifizierung und Industrialisierung ganz Italiens gehen schon auf die Jahre 1919-1920 zurück und wurden größtenteils mit eigenen Mitteln der Gesellschaft und ohne staatliche Zuschüsse umgesetzt. Die ersten staatlichen Eingriffe erfolgten etwas später mit der Opera Nazionale Combattenti und dem Bau der ländlichen Siedlung Sinich angrenzend zur Fabrik und zum Villaggio Montecatini. Damals wurden die Bauernhäuser, der Platz, die neue Kirche und die Schulen errichtet und vor allem die Entsumpfung zwischen dem Naifbach und dem Sinichbach fertiggestellt. Die Fabrik war in vielerlei Hinsicht ein programmatisches Manifest der Moderne: Während einige der kleinen Dienstgebäude wie die Pförtnerloge, die Umkleideräume, die Büroräume und das Chemielabor noch mit der für die ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts typischen Mischung aus Ziegelfassaden und kontrastierenden Kunststeindetails in einem eklektizistischen, dekorativen Stil errichtet wurden, der kurz darauf nicht mehr üblich war, waren die Produktionsgebäude dagegen von absolut modernen Linien geprägt, die auch heute noch in den wenigen erhaltenen Originalbauten zu sehen sind. Das bedeutendste Beispiel dieser Architektur, der so genannte Parabolico, das riesige Fertigwarenlager mit seiner internen Eisenbahn-Verladestelle und der endlosen Reihe an kreisrunden Fenstern, existiert aufgrund der mehrfachen Anpassung an die modernen Produktionsanforderungen leider seit über 30 Jahren nicht mehr.

Neben der Fabrik hatte das Viertel, in dem viele Angestellte und Arbeiter mit ihren Familien lebten, einen werkseigenen Laden und ein medizinisches Versorgungszentrum und war somit größtenteils autark. Die Werksleitung sorgte auch – ganz dem Zeitgeist entsprechend – für die Freizeitgestaltung der Beschäftigten über die Opera Nazionale Dopolavoro, die sportliche und kulturelle Unterhaltung bot: Neben sportlichen Aktivitäten konnte man in den Gemeinschaftsräumen Radio hören oder die wöchentlichen Filmvorführungen besuchen; es wurden Ausflüge und verschiedene Veranstaltungen und Feierlichkeiten organisiert. Außerdem gab es eine kleine Theatergruppe und eine werkseigene Musikkapelle, die auch als Werbeträger der Montecatini auftrat.

Das Wasserkraftwerk Marling besitzt raffinierte architektonische Formen und ist reich an Art-déco-Details, die auch heute noch zu sehen sind. Um die neue Industrieanlage zu versorgen, die in jenen Jahren in Sinich errichtet worden ist, wurde das Wasserkraftwerk Mitte der 1920er ebenfalls von der Montecatini-Gesellschaft gebaut. Das neue Kraftwerk sollte die neue Fabrik sowohl mit der für die industriellen Prozesse zur Synthese von Stickstoffverbindungen benötigten elektrischen Energie als auch mit dem für dieselben Prozesse benötigten Wasserstoff versorgen, der in Elektrolysezellen im Kraftwerk erzeugt und dann über eine spezielle Pipeline zur Fabrik in Sinich geleitet wurde. Ursprünglich sollten beide – Kraftwerk und Fabrik – in Marling gebaut werden, doch letztendlich entschied man sich für den jetzigen Standort, um die Fabrik außerhalb der „Kurstadt“ anzusiedeln. Die solide Fassade mit ihren großen Fenstern spiegelt den Novecento-Stil vollständig wider und wacht über die dekorative Innengestaltung, wo die großen Bilder in einem Stil, der bereits vom Jugendstil zum Art déco übergeht, die Kraft der damals noch neuen elektrischen Energie preisen. Die Führungen werden von Andrea Nardo, Alexander Zoeggeler und Rosanna Pruccoli geleitet.

Im Rahmen des ATRIUM-Abends, bei dem Alexander Zöggeler das von Der Zeitfabrik herausgegebene Buch „Less ist more“ illustriert und kontextualisiert, stellt Paola Bassetti die von Rudolf Strolz stammenden Fresken der Pfarrkirche Untermais und das Gemälde an der Fassade der Villa Diessbacher von Paul Mathias Padua vor. Der ATRIUM-Präsident Ulisse Tramonti erläutert zu diesem Anlass die Route und die Arbeit dieser Vereinigung. Für die Besichtigung der ehemaligen Montecatini-Fabrik in Sinich und des Kraftwerks Marling, die beide nur eine begrenzte Anzahl von Besuchern zulassen, ist eine Reservierung per E-Mail an [email protected] erforderlich.


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