Magenschmerzen: Wenn die Seele auf den Magen schlägt ...
Im Frühling 2016 von Dr. Dagmar Pavan
Hallo Frau Dr. Pavan,
ich habe Ihren Artikel und den von Frau Dr. Pircher über Kopfweh und Schlafstörungen und deren Verbindung mit der Psyche gelesen. Ich frage mich jetzt, ob meine Magenschmerzen, die seit Monaten kommen und gehen, eventuell auch einen psychischen Ursprung haben könnten.
LG, K.
Lieber Herr K.,
Magenschmerzen sind effektiv eine der meist verbreiteten psychosomatischen Störungen. Meist taucht die Störung dann auf, wenn wir besonders gestresst und besorgt sind oder uns in einem inneren Gefühls- oder Gedankenkonflikt befinden. Das Symptom ist somit ein Weg, diese unausgesprochenen, manchmal nicht bewusst wahrgenommenen Gefühle oder Gedanken zu äußern. Magenschmerzen zeigen sich meist in Zusammenhang mit Beziehungskonflikten. Es geht dabei um die Beziehung, die uns aus verschiedenen Gründen belastet. Die Fragen, die Sie sich stellen könnten, sind: „Gibt es eine Situation (Freunde, Beruf, Familie), in der ich mich nicht wohl fühle, der ich mich aber nicht entziehen kann? Leide ich unter Leistungsdruck, wenn ich mit manchen Menschen zusammen bin? Kann ich NEIN sagen, wenn ich mich überfordert fühle? Gefällt mir mein Lebensstil im Moment nicht?"
K.: Ich lebe seit 9 Monaten getrennt von meiner Frau und sehe meine Kinder nur mehr an den Wochenenden. Ich dachte, ich hätte die Situation einigermaßen verdaut. Kann es wirklich sein, dass meine Magenschmerzen damit zusammenhängen?
Dr. Pavan: Der Magen hat die Aufgabe, Nahrung aufzunehmen, sie zu verdauen und so zu verarbeiten, dass unser Körper, in Form von Nährstoffen damit etwas anfangen kann. Er kann unterscheiden zwischen uns bekömmlicher (guter Verdauung), teilweise bekömmlicher (schwierige, langsame Verdauung, Schweregefühl) und nicht bekömmlicher Nahrung (Übelkeit, Krämpfe, Erbrechen). Da eine direkte Verbindung mit den Zonen unseres Gehirns, die sich um Gefühle und Stimmung kümmern, besteht, bringt der Magen auf gleiche Art und Weise, wie mit der Nahrung, unsere Stimmung und unsere Gefühle zum Ausdruck; d. h. wenn unsere Beziehungen gut funktionieren, dann funktioniert auch unser Verdauungsprozess gut, wenn wir hingegen etwas in der Beziehung schwer oder nicht verdauen können, kann der Magen darunter leiden.
K.: Dann kann ich wohl sagen, dass meine Magenschmerzen womöglich wirklich mit meiner Situation zu tun haben. Was kann ich tun, damit es meinem Magen besser geht?
Dr. Pavan: Ich würde die Frage so stellen: „Was kann ich tun, damit es mir besser geht?“ Die Heilung sollte sich nicht nur mit dem körperlichen Aspekt befassen, sondern auch mit dem seelischen. Sie sind in den Heilungsprozess selbst involviert. Sie sind in diesem Fall für sich selbst der beste Arzt, Therapeut, Psychologe, manchmal sogar das beste Medikament, der Entscheider, der Macher des eigenen Heilungsprozesses.
K.: Es tut gut zu wissen, dass ich selbst einiges bewirken kann; ich fühle mich dem Symptom jetzt weniger ausgeliefert. Was kann ich also tun, damit es mir besser geht?
Dr. Pavan: Teilen Sie Ihre Zeit mit Menschen, die Ihnen gut tun. Seien Sie selektiv, so wie Ihr Magen. Machen Sie es so, wie die Taube mit den Linsen im Märchen „Aschenbrödel“: „Die Guten ins Kröpfchen, die Schlechten ins Töpfchen!“ Übernehmen Sie nur Verantwortung für Dinge, die Sie mit eigener Kraft bewältigen können. Auch NEIN sagen muss gelernt werden. Behalten Sie schmerzhafte Gefühle nicht für sich, sondern teilen Sie sie mit Freunden, denen Sie vertrauen. Respektieren Sie sich selbst und Ihre Wünsche. Es ist diesbezüglich auch nützlich, wenn Sie sich überlegen, was Ihnen wirklich gefällt, was Sie sich für sich erhoffen und wünschen.