Was gehen uns die Griechen an?
Im Winter 2015 von Dr. Luis Fuchs
„Gute Nacht, Frau Merkel“ war die Botschaft der griechischen Linken nach dem Wahlsieg. „Grexit“ fordern einzelne Ökonomen bereits, also Hellas Ausstieg vom Euro. Dabei ist seit Kurzem das Bildnis der sagenumwobenen „Europa“ als Wasserzeichen und im Hologrammstreifen auf den neuen 5-€ und 10-€ Banknoten dargestellt. Aus der griechischen Mythologie kennen wir die Geschichte vom Zeus, wie er sich in einen Stier verwandelte und Europa, die Tochter des phönizischen Königs Agenor, auf seinem Rücken zur Insel Kreta entführte, woraufhin der fremde Erdteil nach ihr benannt wurde.
„Die Demokratie hat gesprochen“, erklärten die griechischen Wahlsieger. Wie wir wissen, kann sich Athen als „Wiege der Demokratie“ brüsten, wenn auch diese frühe Herrschaftsform nicht mehr dem heutigen Verständnis von Demokratie entspricht. Hätten wir von den Griechen nicht den Begriff Politik in unseren Wortschatz aufgenommen, müssten wir sie heute noch umständlich als „Kunst von der Staatsführung“ benennen, und Politiker würden wir dann als „zum Regieren befähigte Personen“ bezeichnen. Die griechische polis war ursprünglich eine Burg, dann eine Stadt und schließlich verstand man darunter „Bürgerschaft“ und „Staat“. Wer regieren wollte, musste sich auf die politike techne verstehen. Damit befasste sich schon im 4. Jh. v. Chr. der Philosoph Platon in seinem bekannten Werk „Politeia“.
Der Beitrag der Griechen zu unserer europäischen Kultur insgesamt ist überwältigend, wir könnten uns in den Bereichen der Wissenschaft, Medizin, Philosophie und Politik ohne Fachbegriffe mit altgriechischen Wurzeln schwerlich verständigen. Wie allgegenwärtig ist doch das Wort graphein: Orthographie, Kalligraphie, Topographie, Biographie, Graphologie, Graphik. Ein Leben ohne Theke können wir uns ebenso schwerlich vorstellen, führt uns der Weg doch ständig in Einrichtungen wie Bibliotheken, Apotheken, Vinotheken und Diskotheken.
Dass das Gewicht von Gold und Edelsteinen in Karat gemessen wird, ist uns bekannt. Warum es genau einem fünftel Gramm entspricht, stellt ein Kuriosum dar. Das Wort Karat ist auf das griechische keration zurückzuführen, was „Hörnchen“ bedeutet und auf die Frucht des Johannisbrotbaumes bezogen ist. Die Samen dieser Früchte wurden früher oftmals als Gewichtsmaß eingesetzt; ihre einheitliche Größe ließ auf das Durchschnittsgewicht von 0,2 g schließen.