Segensreiche Politik
Im Frühling 2009 von Ulrich Ladurner
Nichts ist so leicht wie über Politik zu schimpfen, und kaum etwas wird mit solch leidenschaftlicher, destruktiver Hingabe getan. Wo auch immer ein Politiker auftaucht, ist die üble Nachrede nicht weit. Das ist ein gravierendes Problem, denn nichts brauchen wir so sehr wie Politik und Politiker. Wer das nicht glauben will, schaue in diesen Tagen nach Kopenhagen, zum Weltklimagipfel. Wenn die Voraussagen der Wissenschaftler über die Erwärmung zutreffen – und es sieht danach aus – steht das Schicksal der Welt auf dem Spiel, nicht mehr und nicht weniger. Und wer kann uns retten? Nur die Politik.
Das ist ein seltsamer Gedanke, dass ausgerechnet jener Berufsstand das Überleben der Menschheit sichern kann, der so schlecht beleumdet ist. Es ist wie in einem Hollywoodfilm zweiter Klasse. Als Nichtsnutze verschriene Charaktere, die ihre Leben damit zubringen sich persönliche Vorteile zu verschaffen, geraten plötzlich und unerwartet in die Rolle des Menschheitsretters. Was für eine verquere Welt!
In Wahrheit ist unsere Sicht auf die Politik verquer. Denn Politik ist ein ehrwürdiges und lebensnotwendiges Handwerk. Segensreich ist sie noch dazu. Ohne Politik gäbe es zum Beispiel die Europäische Union nicht. Sie brachte einem Kontinent einen dauerhaften Frieden, der über Jahrhunderte im Krieg mit sich selbst lag. Ohne Eingreifen der Politik wird sich das Klima so weit erwärmen, bis die Folgen nicht mehr beherrschbar sein werden. Es liegt also auf der Hand: Wir brauchen die Politik wie die Luft zum Atmen.
Warum also wollen wir von ihr nichts wissen? Ganz so als sei es etwas Schmutziges? Wegen der Politiker? Warum haben wir Berührungsängste? Weil sie nicht dem Idealbild entsprechen? Weil sie oft genug keine gute Arbeit leisten und oft genug nur ihre Macht im Auge haben? Gewiss, das kommt alles vor. Doch erklärt das den weitverbreiteten Widerwillen gegen die Politik nicht.