Allein erziehen:
alltägliche Herausforderungen im Umgang mit knappen Ressourcen
Im Herbst 2019 von Eva Pföstl
23.200 Alleinerziehende mit Kindern (ca. 50.000 Personen) gibt es derzeit in Südtirol, die meisten von ihnen sind Frauen in Trennung. Der Anteil der alleinerziehenden Männer steigt in letzter Zeit an. Bei den meisten Alleinerziehenden ist das Geld knapp, weil sie Kinder, Arbeit und Wohnung alleine stemmen müssen. Oft zahlt der Kindesvater zudem keinen Unterhalt. Einelternfamilien sind am stärksten von Armut betroffen.
Die Südtiroler Plattform für Alleinerziehende ist ein ehrenamtlicher Verein, der 1994 gegründet wurde und sich für die Belange von Alleinerziehenden, also getrennt lebende, geschiedene, verwitwete Elternteile, ledige Mütter sowie Patchworkfamilien einsetzt.
Wir sprechen mit der Meranerin Josefa Romy Brugger, Präsidentin der Südtiroler Plattform für Alleinerziehende.
Meraner Stadtanzeiger (MS): Sie sind seit einem Jahr Präsidentin der Südtiroler Plattform für Alleinerziehende. Welche Aufgaben erfüllt die Plattform?
J. R. Brugger: Der ehrenamtliche Verein hat vor allem eine beratende Funktion. Wir hören zu, vermitteln Hilfe, bieten Rechtsberatung, Mediation und geführte Gesprächsgruppen an, veranstalten Seminare und treffen uns zu Ausflügen im ganzen Land.
MS: Wie definieren Sie Alleinerziehende?
J. R. Brugger: Alleinerziehende sind auf sich allein gestellte Turbo-Eltern, die aus verschiedenen Gründen in dieser Familienform leben. Vor allem sind sie Kämpfer/-innen für ihre Kinder mit dem Preis des Alleinseins.
MS: Wie steht es mit „falschen“ Alleinerziehenden, d.h. mit Paaren, die sich z.B. zum Schein getrennt haben, oder mit Paaren, die zusammenleben?
J. R. Brugger: Leider gibt es auch diese, die dem Image der „echten“ Alleinerziehenden schaden. Die traditionelle Familie wird steuerrechtlich abgestraft, zu wenig gefördert. Bei den sogenannten De-facto-Familien werden zwar beide Einkommen erklärt, aber nicht immer für Beitragsberechnungen herangezogen.
MS: Welche Kontrollen gibt es?
J. R. Brugger: Von Seiten des Landes gibt es Stichproben. Allerdings werden diese Kontrollen aufgrund des Aufwandes/des Personalmangels selten durchgeführt.
MS: Was müsste geschehen, um Missbrauch zu verhindern?
J. R. Brugger: Wer glaubt, betrügen zu müssen, betrügt am meisten die eigenen Leute. Also sollten die Mitmenschen ehrlicher miteinander umgehen, d.h. in die Eigenverantwortung gehen. Die Anerkennung der Einelternfamilien als Familienform im Sinne von verstärkter Unterstützung wäre ein wichtiger und richtiger Schritt.
MS: Auf welche sozialen Leistungen haben Alleinerziehende Anspruch und wer bezahlt diese?
J. R. Brugger: Alleinerziehende haben kein besonderes Recht auf soziale Leistungen. Sie werden gleich unterstützt oder nicht unterstützt wie andere Familien. Einzige Ausnahme ist die Unterhaltsvorschussleistung von Seiten des Landes.
MS: Greift dieser Unterhaltsvorschuss?
J. R. Brugger: Greifen ist gut! Der Grundbetrag des Lebensminimums für 2 Personen beträgt gerade mal 643,70 Euro, alle 3 Monate ist neu anzusuchen! Um zum Unterhaltsvorschuss zu kommen, ist es oft eine Odyssee und dann werden nur 75 % von dem ausbezahlt, was eigentlich der säumige Elternteil zu bezahlen hätte. Leider werden solche Leistungen als Einkommen bewertet.