Diese seligen musikalischen Gefilde.
Im Sommer 2022 von Dr. Ferruccio Delle Cave
Vom Ersten Meraner Musikfest zum südtirol.festival Meran
Im Oktober 2022 feiert Meran ein besonderes Jubiläum: Das Erste Musikfest Meran war der Prolog zu einer Tradition, die in der Passerstadt vor allem durch die 1986 von Hermann Gschnitzer und Andreas Cappello gegründeten Meraner Musikwochen weitergeführt wurde.
Der Erste Weltkrieg hatte die Kurstadt Meran schwer getroffen; so versuchte man mit Veranstaltungen und Initiativen, die Stadt wieder mit Musik neu zu beleben. Und so kam es im Herbst 1922 zum Ersten Meraner Musikfest. Die erste von zwei Ausgaben des ehrgeizigen Projekts lief vom 19. September bis 3. Oktober im Stadttheater über die Bühne. Die Konzertreihe wurde vom russischen Geiger Alexander Petschnikoff und dem Pianisten Emil Schennich eröffnet. Die Wagnersänger/-innen Felix und Adrienne von Kraus gastierten mit Arien aus berühmten Wagneropern, der namhafte Pianist und Liszt-Schüler Eugen d’Albert begeisterte in einem virtuosen Recital. Am 30. September wurde ein Arienkonzert mit der italienischen Sopranistin Ines Ferraris dargeboten. Höhepunkt und zugleich Abschluss des Ersten Meraner Musikfestes war am 3. Oktober 1922 ein Liederabend mit Richard Strauss, der die Wiener Sopranistin Lotte Schöne am Klavier mit Klavierliedern aus eigener Produktion begleitete. Der berühmteste Komponist seiner Zeit neben Gustav Mahler hatte schon als Kind immer wieder die Sommerfrische in den Tiroler Bergen verbracht, so in Sillian und Sulden. Ab 1919 übernahm Richard Strauss die Leitung der Wiener Hofoper und gründete 1920 zusammen mit dem Regisseur Max Reinhardt und dem Dichter Hugo von Hofmannsthal die Salzburger Festspiele. Das von Richard Strauss für den Meraner Abend zusammengestellte Programm bot einen Querschnitt aus seinen großartigen Liederzyklen, die vor allem in den Jahren 1885 bis 1918 entstanden waren. Unter den 16 Liedern erklangen bedeutende Werke wie: „Meinem Kinde“ op. 37,3, „Morgen“ op. 27,4 und „Traum durch die Dämmerung“ op. 29,1.
Das Konzert in Meran war sehr erfolgreich, die Berichterstattung lobte die Auswahl der Lieder, die „staunenerregende“ Stimmbeherrschung der Solistin und die „nuancierte“ und „diskrete“ Begleitung durch den Komponisten, wie es die „Meraner Zeitung“ vom 4.10.1922 unterstrich. Der Komponist logierte im Oktober 1922 auf Einladung von Baron Paul Kuh-Chrobak privat auf Schloss Pienzenau. Der Aufenthalt in südlichen Gefilden bekam dem Komponisten auch gesundheitlich, denn wegen einer hartnäckigen Bronchitis wurde ihm von den Ärzten verordnet, im Süden zu überwintern. Im Oktober 1937 schrieb er an seinen Biographen Willi Schuh aus Meran: „Ich bleibe bis Ende des Monats hier – falls Sie Ihr Weg einmal in die Nähe dieser gesegneten Gefilde führen sollte …“ Zu seinen Ehren gab das Kurorchester ein Konzert mit der symphonischen Dichtung „Tod und Verklärung“ op. 24.