Ulrike Ceresara
Richterin und Musikerin
Im Herbst 2022 von Eva Pföstl
Zwischen Computer und prall gefüllten Akten stehen dicke Wälzer: Strafgesetzbuch, Strafprozessordnung, Zivilgesetzbuch und weiteres Regelwerk der italienischen Justiz. Hier trifft Tradition auf Moderne, Papier auf das Digitale – nicht nur auf dem Bürotisch einer der bekanntesten Richterinnen Südtirols.
Der Wandel in der Justiz ist überall spürbar, erzählt Ulrike Ceresara und meint nicht nur den Wechsel von der analogen in die digitale Welt. In der Garderobe hängt ein weiterer Würdenträger – eine schwarze Richterrobe mit weißem Kragen. Ein Sinnbild der Rechtspflege? In Teilen schon. Schwarz und Weiß sind in der ganzen Welt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ein Symbol für den juristischen Beruf. Denn die schwarze Farbe ist ein Symbol für Würde, Ehre, Weisheit und Gerechtigkeit, und das sind die Werte, die jeder Richter zu wahren hat. Die „schwarze Robe“ vermittelt die Botschaft von Autorität, Wissen, Sorgfalt und Beständigkeit. Diese Botschaften waren der Meranerin in all den Jahren als Richterin immer oberstes Prinzip.
Die Robe begleitet sie schon seit 1988, ebenso wie die Aktenberge. Und die Stapel werden immer größer, die Gerichtsbarkeit, die Gesetzbücher immer umfangreicher, die Fälle komplizierter. Gleichzeitig wird an vielen Ecken gespart und es gibt zu wenig Personal im Justizbereich. „Das Personalproblem ist bei uns in der Gerichtsbarkeit ein Dauerbrenner, besonders im Verwaltungsbereich“, kritisiert Ceresara.
Eine Generalabrechnung mit dem System kurz vor ihrem baldigen Ruhestand will sie jedoch nicht vom Zaun brechen, schließlich herrsche überall und in allen Bereichen Personalmangel und in Südtirol entspreche ja – im Gegensatz zu vielen anderen Regionen Italiens – die durchschnittliche Prozessdauer den vorgegebenen Richtlinien.
Schreibmüde
Dennoch moniert sie, dass sie nach 34 Jahren etwas „schreibmüde“ geworden sei, denn besonders seit der Einführung des sog. telematischen Prozesses müssen die Richter alles selbst schreiben: von den Protokollen und Verfügungen bis hin zu den Urteilen. Die Kanzleien werden dadurch zwar entlastet, aber die gesamte Schreibarbeit liegt bei den Richtern. Sicherlich, so betont Ceresara, hat die Digitialisierung auch große Vorteile, um bestimmte Arbeitsabläufe effizienter und kostengünstiger zu gestalten und allein schon aus der Veränderung der Gesellschaft und deren digitaler Kommunikation ergebe sich die Notwendigkeit der Veränderung auch im Bereich der Justiz. „Ganz zu schweigen von den Zeiten und den damit verbundenen Problemen, als Aktenberge noch auf Rollwagen über Flure geschoben und auf dem Postweg in großen Paketen an Anwälte verschickt wurden und handschriftliche Aufzeichnungen Gerichtsakten oft unleserlich machten“, erinnert sie sich schmunzelnd.
So war es nämlich noch im Jahre 1988, als sie ihre Richterkarriere bei der Staatsanwaltschaft am Bezirksgericht in Bozen begann. „Damals wurde gerade ein neues Strafgesetz eingeführt und alle neuen Bestimmungen mussten in die Praxis umgesetzt werden – keine leichte Aufgabe für uns neue, unerfahrene Richter, aber sehr spannend und interessant“, erklärt sie.
1997 kam Ceresara infolge ihres Antrages ans damalige Bezirksgericht Meran, welches später – aufgrund einer neuen Aufteilung der Zuständigkeiten – zu einer der vier Außenstellen des Landesgerichts Bozen wurde. Die ersten Jahre waren kein Zuckerschlecken, sondern höchst turbulent, denn die Außenstellen Meran und Schlanders waren – mit nur zwei Richtern – für sämtliche Straf- und Zivilverfahren des ganzen westlichen Teils von Südtirol zuständig. Eine immense Herausforderung, die Ceresara jedoch mit Bravour meisterte. Jahrelang war sie sowohl als Strafrichterin in Meran als auch als Zivilrichterin in Schlanders tätig. 1999 wurde sie zur Koordinatorin der Außenstelle Meran ernannt. In dieser Zeit konnte sie auch mit Unterstützung der Gemeinde Meran die Generalsanierung des Justizgebäudes am Kornplatz erfolgreich durchführen. Mit ihrer gewinnenden Persönlichkeit, Tatkraft und Führungsstärke hat sie sich in diesen Jahren hohe Wertschätzung bei der Meraner Bevölkerung erworben.
2008 wurde sie nach Bozen in den Strafsenat berufen. Gleichzeitig war sie immer auch als Einzelrichterin tätig und 2013 wurde sie zur Sektionspräsidentin der 2. Zivilsektion des Landesgerichtes von Bozen ernannt.
Der Richter ist nur dem Gesetz unterworfen
Ulrike Ceresara gilt als ausgewogene Richterin, stets darauf bedacht, das Gesetz richtig anzuwenden. Intelligenz, scharfer Verstand, gedankliche und arbeitsmäßige Disziplin werden ihr attestiert und sie ist bekannt dafür, die Verhandlungen pünktlich und ordnungsgemäß abzuhalten.