Die Geister, die ich rief ...
Im Frühling 2011 von Dr. Luis Fuchs
Wehe, wenn sie losgelassen wachsend ohne Widerstand ... Die erschütternden Bilder aus Japan rufen uns die Verse von Friedrich Schiller wieder ins Bewusstsein. Die Illusion von der absoluten Beherrschung der Natur durch menschliche Technik hat sich im Laufe der Geschichte selten so dramatisch gezeigt wie in den letzten Tagen.
Denn die Elemente hassen das Gebild der Menschenhand, gibt Schiller im Lied von der Glocke zu bedenken. Die Selbstüberhebung und Vermessenheit des Menschen führten schon die Griechen in Tragödien als Hybris vor; unter Berufung auf einen gerechten göttlichen Zorn, die Nemesis, wurden sie entsprechend gerächt.
Die Christen erkannten in den Naturkatastrophen durchwegs die Strafe Gottes an der sündigen Menschheit. In Tirol beispielsweise wurden die Heuschreckenschwärme, Überschwemmungen und Pest zur Zeit Margarethe Maultaschs von der Bevölkerung als Strafgericht Gottes für die ehebrecherische Verbindung ihrer Landesfürstin gesehen. Dieser Anschauung entsprechend erbaten sich die Gläubigen bei Bedrohung durch Naturgewalten Schutz von oben. Es ist gar nicht so lange her, dass wir zur Abwehr von Gewittern flehten: A fulgore et tempestate libera nos Domine!
Sobald Katastrophen hereinbrachen, die vom Menschen selbst verursacht waren, verwiesen besonders Dichter wiederum auf die Hybris. Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los, ließ Goethe den Zauberlehrling reumütig klagen. Damals wurde die Aussage als Warnung vor den dunklen Künsten gedeutet, aus heutiger Sicht kann sie als Mahnung vor dem leichtfertigen Umgang mit moderner Technik verstanden werden.