Museum Hinterpasseier
Ein Museumsnetz der Zukunft
Im Frühling 2022 von Veronika Rieder
Wir sitzen neben einer Schießscharte. Die Bank in der idyllischen kleinen Wiese steht auf der obersten Plattform des Bunkers. Wirklich eine Idylle? Zum Glück blieb er ein unvollendeter Teil der „linea non mi fido“. Etwas gruselig wird mir beim Rundgang trotzdem. Der Schacht, durch den wir absteigen, ist eng, dunkel. Aus Nischen dringt ein wenig Licht – da erschrecke ich: Ein Mann sitzt da! Ein paar Stufen tiefer stelle ich fest, dass es lebensgroße uniformierte Puppen sind. Geplant war es nämlich so: Ein Soldat kniet vor der Schießscharte und schießt, der zweite lädt, der dritte hört über das Funkgerät die Befehle, während der vierte die Lüftung bedient, damit die Männer nicht ersticken. Gedanken an „Krieg Spielen“ kommen hier keine auf. Wir gehen weiter, Wasser tropft von den Wänden, steht auf dem Boden. Verderbliche Objekte kann man nicht ausstellen, die Feuchtigkeit ruiniert alles. Kurzfilme sind eine gute Lösung: Im Zeitraffer werden geologische und geschichtliche Entwicklung des hinteren Passeiertals gezeigt, die Auswirkungen der Eiszeiten, der Bergsturz, der den Kummersee aufgestaut hat, Rodungsinseln und Übergänge, die schon in der Steinzeit genutzt wurden, aber auch eine Montage über die Verbauung des Dorfes Moos. Diese Dauerausstellung wird immer wieder aktualisiert. Die zweite Hälfte des schmalen Bunkergangs wird für Sonderausstellungen genutzt. Demnächst ist gemeinsam mit der Grundschule etwas zu Sagen geplant. Schüler/-innen sind überhaupt häufige und gern gesehene Besucher, es gibt eine gute Zusammenarbeit. Sonst kommen hauptsächlich Touristen, die z.B. den europäischen Fernwanderweg oder den Schluchtenweg gehen wollen. Auch das kleine Naturparkhaus im unteren Teil des Glasturms lockt Besucher an, ebenso die Steinbockzucht. Drei kleine Böcke stehen zwischen den Betonschichten des Bunkers und schauen mich halb gleichgültig, halb neugierig an. Gut, dass sie nach einem Jahr ausgewildert werden, sonst werden sie zu zutraulich.
Schon einmal etwas von „Kunst im Glasturm“ gehört? Seit ca. 6 Jahren können einheimische Künstler ihre Bilder, Skulpturen u.A. kostenlos ausstellen, ein Werk verbleibt dem Museum. Die Vernissage ist ebenso Treffpunkt der Mooser wie Lesungen, Konzerte oder Weihnachtsmarkt und Dorffest, die das Museum einbeziehen. Besonders gut gefällt mir eine Initiative des Jugenddienstes: Jugendliche können in Betrieben erste Erfahrungen sammeln, auch im Museum. Oft kommen sie später als Praktikanten zurück oder helfen bei Veranstaltungen.
Zukunftspläne? Der Museumsleiter Peter Heel sprudelt vor Ideen, da gibt es Arbeit für Jahre! Alle Moser Fraktionen sollen über kleine Ausstellungen und Angebote in ein Museumsnetz einbezogen werden: Stuls mit archäologischen Themen, in Platt wird etwas rund um die Sommerfrische der Marienberger Patres geplant, Rabenstein widmet sich Josef Ennemoser (Sekretär A. Hofers), in Pfelders geht es um Bäuerliches, Volkstümliches. Ein kleines Museum zu Wasserkraftwerken soll entstehen; die umliegenden, halb fertiggestellten Bunker könnten vielleicht über einen Rundgang erschlossen werden – angesichts dieser Pläne kann ich nur über den Ideenreichtum und das zupackende Engagement staunen. Nicht zu vergessen ist das Bergwerk Schneeberg. Natürlich soll keine Konkurrenz zum Ridnauner Museum entstehen, aber einige Gebäude des ehemals höchstgelegenen Bergwerks Europas könnten schon bespielt werden. Abgesehen von regem Austausch und gemeinsamen Vorhaben mit dem MuseumPasseier wird Peter Heel von einer Teilzeitkraft und Praktikanten unterstützt, mit anderen Worten, auf ihn entfällt der größte Teil der Arbeit. Gut, dass die Mitglieder des Museumvereins überzeugt hinter seinen Vorhaben stehen. Auch die Gemeinde unterstützt die Projekte und das Museum. Das gibt Planungssicherheit; es ist wichtig zu wissen, dass die vielen Ideen zumeist doch schrittweise verwirklicht werden können.
Angesichts von durchschnittlich 11.000 Besuchern im Jahr kann vom Bunkermuseum auch als einem Wirtschaftsfaktor gesprochen werden. Vor allem aber ist es ein kulturelles Zentrum im Hinterpasseier. Dabei war von den Initiativen des Naturparkhauses noch nicht die Rede. In Zusammenarbeit mit der AG Vogelschutz werden täglich Vögel beobachtet. Transit am Beispiel des Timmler Übergangs, der Wasserrucksack oder Wanderungen auf der Suche nach Silex sollen Besucher neugierig machen.