Mit schönen Wörtern aufgehübscht
Im Winter 2022 von Dr. Luis Fuchs
Als klimafreundlich und nachhaltig wird neuerdings die Atomkraft von der EU-Kommission klassifiziert. Die Kernenergie wird kurzerhand „grüngewaschen“. Aus dem Bewusstsein ausgeblendet werden die Super-GAUs, die größten anzunehmenden Unfälle von Tschernobyl und Fukushima. Als Devise gilt: Was nicht passt, wird passend gemacht. „Tatsachen gibt es nicht, nur Interpretationen“, ließ uns bereits Nietzsche wissen. Donald Trump hat mit dieser Vorstellung Sachverhalte eigennützig verdreht und Unwahrheiten verbreitet.
Sprachliche Schönfärberei ist eine probate Methode, Tatsachen zu verschleiern und Unangenehmes zu verhüllen. Beschönigungen solcher Art werden als „Euphemismen“ bezeichnet: Das griechische Wort „phéme“ heißt „Rede“ und „eu“ bedeutet „gut“. Gerade in den Bereichen der Politik und der Wirtschaft sind Wörter gefragt, die gut klingen, auch wenn sie im Grunde negative Inhalte vermitteln. Der Ausdruck „Nullwachstum“ ist in der heutigen Zeit zu einem gängigen Begriff geworden. In Verbindung mit dem Ausdruck Wachstum wird die Null aufgewertet und wirkt somit sogar positiv. Wenn von „Preisanpassung“ die Rede geht, so steckt meistens eine Preiserhöhung dahinter. Kündigen Betriebe „Umstrukturierung“ und „Personalanpassung“ an, stehen vielfach Entlassungen ins Haus. Was als „kreative Buchführung“ ausgegeben wird, entpuppt sich möglicherweise als Bilanzfälschung. Da wir von Giftmüll nichts wissen wollen, wird die Bezeichnung „Problemabfall“ vorgezogen. Mülldeponien werden ganz einfach als „Entsorgungsparks“ getarnt; das Wort klingt wie ein Versprechen, man könne dort Sorgen loswerden.
Gilt es, das Erscheinungsbild einer Person zu beschreiben, ist es angebracht, zu direkte oder verletzende Bezeichnungen durch behutsamere zu ersetzen. Eine übergewichtige Person sehen wir als „vollschlanke“ an, Fettgewebe lassen wir als „Problemzonen“ gelten, künstliches Gebiss geben wir als „dritte Zähne“ aus und die Halbglatze bezeichnen wir als „hohe Stirn“. Mit älteren Personen ziemt es sich, mit Bedacht und Feingefühl umzugehen. Auffällig ist, dass ein „älterer Mensch“ als jünger gilt als ein alter Mensch. Einer über vierzigjährigen Person wird es wohl gefallen, wenn sein Lebensabschnitt als „drittbestes Alter“ gewürdigt wird. Menschen über 50 werden als „Best Ager“ oder „Golden Ager“ benannt. Besondere Achtsamkeit ist angebracht, wenn bei Frauen die Rede vom Alter geht. Genau genommen passt das Attribut „alt“ oder „älter“ nur für Männer. Frauen hingegen sind lebenslänglich mit Jugendlichkeit ausgezeichnet.